Slowenien unterstützt EU-Beitritt der Westbalkan-Staaten
Die slowenische Staatspräsidentin Nataša Pirc Musar will sich für Stabilität einsetzen und sieht in Serbien das ernsthafte Bemühen, den EU-Beitritt zu schaffen.

Slowenien sieht den EU-Beitritt der Staaten des Westbalkans als „essenziell für die Stabilität und die wirtschaftliche Entwicklung der Region“ an. Das sagte die neue Präsidentin der Republik Slowenien, Nataša Pirc Musar, der Berliner Zeitung. Slowenien sei „die treibende Kraft“, wenn es um den Beitritt der Westbalkan-Staaten geht. Jeder Politiker in der Region sollte die EU-Mitgliedschaft mit ihrem starken Fokus auf Menschenrechte als Chance sehen. „Die EU ist ein Garant für Stabilität und Frieden in dieser Region. Wenn alle Länder des West-Balkans Mitglieder der EU sind, werden sich die Spannungen deutlich vermindern“, so die Präsidentin.
Auch die Chancen für Serbien hält Pirc Musar für intakt, da sich Belgrad mit einiger Anstrengung um den Beitritt zur EU bemühe. Als Beispiel sieht Pirc Musar das Thema Datenschutz: „In meiner früheren Funktion war ich für die EU als Expertin für Datenschutz tätig. Als ich die serbischen Kollegen unterrichtet habe, habe ich einen großen Enthusiasmus gesehen. Sie haben hart gearbeitet. Ihre Datenschutzgesetze sind die besten in der Welt. Sie wissen, dass sie das EU-Recht übernehmen müssen und dass das ein langer und schwieriger Prozess ist.“ In der EU gibt es einen Flügel, der von Serbien verlangt, sich völlig von Russland loszusagen, um der EU beitreten zu können. Serbien hat in den vergangenen Jahren mehrfach darüber geklagt, dass der Beitrittsprozess zu langsam erfolge.
Aktuell belastet vor allem der Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo die Bestrebungen der EU-Erweiterung auf dem Balkan. Pirc Musar ist überzeugt, dass auch der Kosovo Teil der EU werden müsse: „Das Angebot an den Kosovo, der EU beizutreten, ist keine Belohnung für irgendetwas, sondern die Lösung für die Probleme der Region.“
Es sei „bemerkenswert, dass aktuell das Visa-Regime auch für den Kosovo diskutiert wird, obwohl fünf EU-Staaten Kosovo nicht als unabhängigen Staat anerkennen“. Slowenien werde alle Länder des westlichen Balkans unterstützen. Sie will dazu den Rahmen des Brdo-Brijuni-Prozesses nutzen. Diese Plattform biete „die Möglichkeit eines konstruktiven Dialogs, um Lösungen für Probleme zu finden“. Pirc Musar hält den Dialog für unverzichtbar: „Wenn wir nicht mehr miteinander reden, wäre das nicht gut.“
Jugoslawien habe sechs Republiken, fünf Nationen, vier Sprachen, drei Religionen, zwei Alphabete und einen Staat gehabt. Nun, da der Vielvölkerstaat zerbrochen ist, gehe es vor allem um den Minderheitenschutz. Pirc Musar: „Weil wir in verschiedenen Staaten leben, sind die Rechte der Minderheiten entscheidend. Slowenien ist ein gutes Beispiel: Wir haben italienische und ungarische Minderheiten, die einen besonderen Schutz genießen.“ Ebenso gehe es den slowenischen Minderheiten in Ungarn und Italien. „Es gibt kein einziges Land auf der Welt ohne Minderheiten und in Europa gibt es kein Land, das ethnisch völlig homogen ist“, so die slowenische Präsidentin. Wenn man sich dessen bewusst sei, dann sollte man „das gesamte politische Handeln auf das friedliche Zusammenleben fokussieren“.
Musar sieht, dass der Prozess nicht einfach sein werde: „Wir befinden uns in einer kritischen Situation, weil bestimmte Präsidenten nicht miteinander sprechen können. Die Spannungen zwischen Serbien und Kosovo sind sehr groß. Es gibt außerdem große Spannungen zwischen Kroatien und Bosnien.“ Pirc Musar ist überzeugt, dass „ideologische und politische Themen“ für eine gewisse Zeit außen vor bleiben sollten. Wichtiger sei es, sich auf die Themen zu konzentrieren, die für alle Staaten von großer Bedeutung sind. Das sind die Themen Klimawandel und vor allem das Thema der Jugend. Pirc Musar: „In den vergangenen 15 Jahren haben vier Millionen Menschen die Westbalkan-Region verlassen. Das ist zweimal die Größe von Slowenien. Sie sind aus wirtschaftlichen Gründen gegangen. Unsere Aufgabe ist, dass die Staaten in der Region funktionieren und so lebenswert sind, dass die Menschen hier ihre Zukunft sehen.“
Die Zukunft des Westbalkans wurde auch auf der Münchener Sicherheitskonferenz diskutiert. In der Beschreibung zu einem vertraulichen Panel, an dem auch Pirc Musar teilnahm, heißt es, dass „die geostrategische Bedeutung des Westbalkans zunimmt“, aber schwierig bleibe.
Die parteilose Rechtsanwältin Pirc Musar hatte Ende des vergangenen Jahres die Stichwahl um die Präsidentschaft in Slowenien gewonnen und ist das erste weibliche Staatsoberhaupt Sloweniens. Pirc Musar hatte als Anwältin unter anderem Donald Trumps Ehefrau Melania vertreten, die aus Slowenien stammt.