Steigende Zinsen: Sind Festgelder aktuell die richtige Wahl?
Immer mehr Banken erhöhen die Zinsen für Sparprodukte. Größtenteils handelt es sich dabei um ausländische Institute. Sparer sollten auf die Konditionen achten.

Wer kein Risiko beim Sparen eingehen möchte, kann auf Festgeld setzen. Das Geld ist sicher, alles das, was man einsetzt, gibt es am Ende der Laufzeit zurück – plus Zinsen. Nur waren die Zinsen lange Zeit so gering, dass sie kaum der Rede wert waren. Jetzt steigen sie wieder. Kommen also jetzt tatsächlich die besseren Zeiten für Sparer? Und sind Festgelder aktuell die richtige Wahl?
Bis zu 1,7 Prozent gibt es derzeit bei der schwedischen Bank Klarna für zweijähriges Festgeld. Das ist viel im Vergleich zu nicht einmal einem Prozent bei den meisten Anbietern im vergangenen Jahr. „Seit Juni haben unsere Partnerbanken über 250 Zinserhöhungen durchgeführt“, sagt Katharina Lüth von Raisin, dem Unternehmen, dass die Zinsportale Weltsparen und Zinspilot betreibt. Die besten verfügbaren Zinssätze für mehrjährige Festgelder würden sich bereits der Zwei-Prozent-Marke nähern. Und mit den Zinssätzen steige die Nachfrage der Kunden. Insbesondere seit die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinswende angekündigt hat.
Finanzexpertin: „Beim Festgeld nicht nur auf den Zins achten“
Dabei hätten die Zinserhöhungen für Festgelder mit der EZB-Entscheidung gar nicht direkt etwas zu tun, sagt Duygu Damar vom Institut für Finanzdienstleistung (iff) in Hamburg. Am 21. Juli will die EZB lediglich den Leitzins auf 0,25 Prozent anheben. „Für Sparprodukte ist vielmehr der Referenzzinssatz für die EZB-Einlagefazilität von Bedeutung“, so Damar. Also der Zinssatz, zu dem Banken Einlagegelder ihrer Kunden bei der EZB parken. Und dieser bleibt vorerst unverändert bei minus 0,5 Prozent. Für Einlagen zahlen Banken also weiterhin Negativzinsen.
„Wenn Banken jetzt trotzdem schon die Sparzinsen erhöhen, ist das eher eine geschäftspolitische Entscheidung“, sagt Damar. Also Kunden gewinnen, auch für die Zukunft, wenn es sich für Banken tatsächlich wieder rechnet, Zinsen weiterzugeben.
Für Sparer können die besser verzinsten Festgeldangebote natürlich trotzdem attraktiv sein. Vorausgesetzt die Konditionen stimmen. „Verbraucher sollten beim Festgeld nicht nur auf den Zins achten“, sagt Damar. Viele der besser verzinsten Angebote stammen derzeit von ausländischen Banken.
„Auf unserer Plattform bieten Banken aus anderen EU-Ländern aktuell höhere Zinssätze als deutsche Banken – das hängt mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen, dem Kapitalbedarf der Banken und einem unterschiedlichen Zinsniveau zusammen“, sagt Lüth von Raisin. Das muss erst einmal nicht negativ sein: Die gesetzliche Einlagensicherung in der gesamten Europäischen Union beträgt 100.000 Euro pro Anleger und Bank. Das heißt: Geldanlagen in dieser Höhe sind sicher, selbst wenn die Bank pleitegehen sollte. Allerdings: Nur wenn die Wirtschaftskraft des jeweiligen Landes als stabil genug angesehen wird, kann auch davon ausgegangen werden, dass der Anleger im Falle einer Bankenpleite entsprechend entschädigt wird. Deshalb empfiehlt etwa die Stiftung Warentest nur solche Festgelder von Ländern, die von den großen Ratingagenturen mit Topbewertungen gelistet sind. Dazu zählen neben Deutschland etwa Österreich, Frankreich oder Schweden.
Festgeldzinsen in Deutschland bleiben niedrig
Im Internet finden sich aber auch Angebote mit derzeit überdurchschnittlich hohe Zinsen von zwei Prozent. Damit wirbt beispielsweise eine litauische Bank bei fünfjähriger Laufzeit. „Bei solchen Angeboten ist immer darauf zu achten, ob Quellensteuern erhoben werden“, sagt Damar. In dem Angebot der litauischen Bank betragen diese 15 Prozent. Ob und in welcher Höhe diese in Deutschland erstattet werden können, ist vom Land zu Land und je nach dem Doppelbesteuerungsabkommen unterschiedlich.
Wer zurzeit nur nach Festgeldangeboten von deutschen Banken schaut, dürfte enttäuscht sein. Lediglich die SWK Südwest-Kreditbank zahlt laut dem Verbraucherportal Biallo seit Neuestem bis zu 2,05 Prozent pro Jahr inklusive deutscher Einlagensicherung. Damit ist das Geldhaus aber weitgehend alleine. Ansonsten bewegen sich die Festgeldzinsen weiter unter einem Prozent. Bis sich das ändert, kann es noch dauern, schätzt Damar. Zwar geht sie davon aus, dass die EZB in den kommenden Quartalen auch den Zinssatz für die Einlagefazilität erhöht und damit eine umfassendere Zinserhöhung für gespartes Geld kommt. „Das wird aber nicht sofort passieren, sondern schrittweise“, so die Finanzexpertin.
Von steigenden Zinsen in der Zukunft geht auch Ania Scholz-Orfanidis von der FMH Finanzberatung aus. „Aus diesem Grunde würde ich empfehlen, die Gelder mit Abständen anzulegen“, sagt sie. Also nicht zu lange Laufzeiten wählen. Zwar ist der Zinssatz bei längeren Laufzeiten höher, für die Vertragslaufzeit kommen Sparer aber nicht an ihr Geld heran – wenn sie das doch wollen, ist dies mit Kosten verbunden. Kürzere Laufzeiten ermöglichen es, bei steigenden Zinsen das Geld in besser verzinste Produkte umschichten zu können. Sechs, zwölf bis maximal 24 Monate, so die Empfehlung von Scholz-Orfanidis. Dabei ist zu beachten, dass viele Banken das Geld nach Ablauf der Laufzeit automatisch für die gleiche Laufzeit noch einmal anlegen. Wollen Kunden das nicht, müssen sie vorher aktiv kündigen.
Auch können Sparer zwischen Festgeldern wählen, die die Zinsen jährlich auszahlen oder dem Anlagekonto wieder gutschreiben und im kommenden Jahr mitverzinst werden. Bei letzterer Variante profitieren Anleger vom Zinseszins-Effekt.
Flexibler sind Sparer mit Tagesgeld. An das Tagesgeldkonto kommt man jederzeit heran. Allerdings sind dafür die Zinsen viel niedriger. So niedrig, dass Banken zurzeit gar keine Zinsen versprechen oder sogar Negativzinsen für die Bankeinlagen verlangen. Zwar werde es mit weiteren Zinsentscheidungen der EZB auch hier eine Entwicklung nach oben geben, großes Potenzial für steigende Zinsen sehe sie aber nicht, sagt Scholz-Orfanidis.
Und selbst wenn – solange die Inflation in Deutschland bei weit über sieben Prozent liegt, werden Sparprodukte mit nur geringen Zinsen den Wertverlust kaum abmildern können.