Tarifstreit bei der Lufthansa: Aufräumen nach dem Streik

Die Lufthansa gibt sich störrisch. Sie stellte im Tarifkonflikt mit den Piloten auch am Freitag kein neues Angebot in Aussicht. „Wir werden jetzt erst einmal aufräumen“, sagte Kay Kratky. In den nächsten Tagen werde dann die Kontaktaufnahme mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) erfolgen. Weitere Offerten an die Flugzeugführer seien nicht nötig. Man könne auf Basis des bereits Vorliegenden diskutieren. Da gebe es ausreichend Substanz, so Kratky, der zum Vorstand der Passagiersparte der Fluggesellschaft gehört.

Wie die VC auf das Nicht-Angebot reagierte, war am Freitagnachmittag zunächst unklar. Ilona Ritter, Tarifexpertin der Gewerkschaft, hat neue Gespräche ausdrücklich von einem neuen „verhandlungsfähigen“ Angebot abhängig gemacht.

Piloten und das Management streiten seit geraumer Zeit über mehr Geld, aber vor allem über die Konditionen für den Vorruhestand der Flugzeugführer. Diese können derzeit mit 55 Jahren in Frührente gehen. Die Lufthansa will die Altersgrenze nun aber in mehreren Schritten auf 60 erhöhen und die Zahlungen kürzen. Derzeit gibt es bis zu 60 Prozent des letzten Bruttogehalts. Ein Frührentner kann so mehr als 100.000 Euro pro Jahr bekommen. Nebenbei wird auch noch über eine Gehaltserhöhung verhandelt.

Alle Einigungsversuche sind bislang gescheitert. Deshalb gab es den dreitägigen Streik, bei dem ein Großteil der 5 400 Piloten mitmachte – auch die der Tochter Germanwings und der Frachtsparte waren mit von der Partie. Der Flugbetrieb wurde weitgehend lahmgelegt. Die Lufthansa musste bis Freitagnacht etwa 3 800 Flüge streichen. Somit wurden etwa neun von zehn Verbindungen gekappt. Laut Kratky liegen die Streik-Kosten für die Fluggesellschaft zwischen 35 und 75 Millionen Euro. Präzisere Angaben könne man erst machen, wenn alles abgerechnet sei.

Derweil startete das Management bereits am Freitag ein Programm, um den Betrieb wieder hochzufahren. „Wir wollen am Samstag wieder einen nahezu vollständigen Flugplan anbieten“, erläuterte Werner Knorr, Leiter des Lufthansa-Krisenstabs. Schon am Freitagabend sollte die erste Maschine in Singapur starten. Am Samstagmorgen gegen fünf Uhr wurde der erste Flieger aus Nordamerika kommend in Frankfurt erwartet. Gleichwohl fallen am Sonnabend im Nachlauf des Arbeitskampfs noch 40 Flüge aus. Aber 800 Mal soll ein Jet mit dem Kranich auf dem Leitwerk abheben.

Knorr hat mit seinem Krisenstab in dieser Woche eine gigantische Umbuchungs- und Stornierungsmaschinerie betrieben. Die ausländischen Töchter der Fluggesellschaft wie die Swiss oder die österreichische AUA halfen aus und setzten dabei ihre größten Flugzeuge ein. In fernen Ländern halfen Partner aus dem Luftfahrtbündnis Star Alliance mit. Passagiere wurden aber auch mit den Maschinen konkurrierender Anbieter befördert. Für Kunden, die eigentlich auf innerdeutschen Strecken fliegen wollten, wurden 16.000 Gutscheine für Bahnfahrkarten ausgestellt. Kratky bezeichnete die Folgen des Streiks als „verheerend“.

Damit meint er nicht nur die finanziellen Einbußen. Aufgrund der sich häufenden Arbeitskämpfe insbesondere in Frankfurt leide die Reputation der Lufthansa und die der Umsteigeflughäfen des Konzerns. So bestehe die Gefahr, dass umgebuchte Fluggäste die „Alternativen schätzen lernen“. Frankfurt ist der mit Abstand wichtigste Standort der Lufthansa. Hier starten die meisten Langstreckenflüge. Ein zweites Drehkreuz betreibt die Airline in München. Aus Kratkys Sicht wurde mit dem Streik sogar das Ansehen des Standorts Deutschland beschädigt.

Gleichwohl, der Aktienkurs der Lufthansa ist in den vergangenen Tagen gestiegen. Der Passage-Vorstand führt dies darauf zurück, dass durch den Streik deutlich geworden sei, dass das Unternehmen ernsthaft an seiner Restrukturierung arbeite. Der Baustellen gibt es viele. Die Flotte ist veraltet. Die enorm wichtige Business-Class wird gerade aufgepeppt, damit sie mit Konkurrenten wie Emirates oder Etihad wieder mithalten kann. Branchenkenner kritisieren zudem den „Verwaltungswasserkopf“ des Konzerns. Die Piloten zählen indes im internationalen Vergleich zu den Besserverdienern. Kapitäne können es auf mehr als 200.000 Euro im Jahr bringen.

Erneute Streiks sind erst einmal nicht geplant. Die VC hat versprochen, bis zum Ende der Osterferien Anfang Mai keinen Ausstand mehr anzugehen. Die Lufthansa jedenfalls hofft darauf, im Wonnemonat eine Einigung zu finden. Kratky hält notfalls auch einen Schlichter für ein „probates Mittel“, um einen Abschluss zu erzielen.