Owner Share: So kann der Traum vom eigenen Ferienhaus wahr werden

Eine Villa am Meer – wer träumt nicht davon? Jetzt kann man immerhin einen Teil einer Ferienimmobilie erwerben. Funktioniert das Modell Time Sharing?

Freude über das eigene Ferienhaus – so sieht das Modell Owner Sharing in der Fantasie eines Fotografen aus.
Freude über das eigene Ferienhaus – so sieht das Modell Owner Sharing in der Fantasie eines Fotografen aus.imago

Träumen erlaubt. Mehr noch: Träumen erwünscht. Und das ganz konkret. Jetzt, wo die Pandemie auf dem Rückzug ist und das Reisefieber wieder grassiert, schwirren nicht nur Traumziele durch den Kopf. Mindestens jeder zweite Deutsche träumt inzwischen auch davon, seine Urlaubskoffer nicht mehr nur im Hotel, auf dem Campingplatz oder in einer angemieteten Ferienwohnung auszupacken, sondern möglichst in den eigenen vier Wänden einer Ferienimmobilie. Das jedenfalls hat die Berliner Tochter des französischen Marktforschungsinstituts Ipsos in ihrer jüngsten Umfrage herausgefunden.

Die Gründe dafür seien – bei aller wolkigen Träumerei von einer eigenen Finca auf Mallorca oder einem Chalet in den Alpen – ziemlich nüchtern und geerdet, findet Steffen Schumann, Marketingchef des Start-ups Villacircle, das die Umfrage bei Ipsos in Auftrag gegeben hat.

Demnach schätzen die Deutschen an einer eigenen Ferienimmobilie vor allem die Unabhängigkeit von Vermietern und Reiseveranstaltern sowie die größere Privatsphäre und die höhere Sicherheit während des Aufenthalts. „Und natürlich auch den mit dem Erwerb verbundenen Vermögensaufbau“, sagt Schumann. „Statt Miete zu zahlen, wird künftig in Eigentum investiert. Und das mit gutem Inflationsschutz und stetigem Wertzuwachs.“

Dauertief- und Strafzinsen beflügelten über Jahre den Immobilienmarkt, weil sich viele andere Kapitalanlagen kaum noch rentierten. Das ändert sich nun mit rapide steigenden Zinsen. Ungeachtet dessen wabert weiterhin immens viel Geld durch den Markt und sucht nach Anlagemöglichkeiten, gerade auch im Marktsegment für Zweitwohnsitzen und Ferienimmobilien.

Makler sagen: Stark gestiegenes Interesse einer finanzkräftigen Kundschaft

Immobilienmakler und Marktexperten vermelden fast durchweg ein stark gestiegenes Interesse einer finanzkräftigen Kundschaft. Die aber ist laut Ipsos zunehmend nicht nur auf günstige Renditeobjekte aus. Neben der Kapitalanlage werden die erworbenen Immobilien mehr und mehr auch selbst genutzt. „Man gönnt sich das einfach“, sagt Schumann. „Nebst erwünschter Wertsteigerung, versteht sich.“

Nachfrage und Inflation treiben die Preise. „Drei oder vier Millionen Euro für ein Ferienhaus in beliebten Urlaubsregionen am Mittelmeer oder gar in Deutschland sind nichts Ungewöhnliches mehr“, weiß Schumann und zuckt nüchtern mit den Achseln.

Die Folge ist, dass eine schnell wachsende Zahl der sogenannten Normalbürger beziehungsweise Gutverdiener bei diesem Geschäft mit den immer teurer werdenden Ferienimmobilien außen vor bleibt. Und selbst potente Kaufinteressenten, die solche Summen aufbringen können, fragen sich nun weit häufiger, wie sinnvoll eine Ferienimmobilie ist, wenn man sie nur für wenige Wochen im Jahr nutzen kann, das Haus ansonsten leer steht. Nicht zu reden von dem – bewohnt oder unbewohnt – anfallenden persönlichen Arbeitsaufwand für die Immobilie und den kontinuierlich laufenden Unterhaltskosten.

Alternativen zu einem kompletten Erwerb von Ferienimmobilien sind also mehr und mehr gefragt. Eine mögliche Kauf- und Nutzungsvariante ist nun von Amerika nach Europa beziehungsweise nach Deutschland gelangt. Im Oktober 2020 war in Kalifornien das Ferienhaus-Start-up Pacaso mit der Idee an den Start gegangen, in beliebten Urlaubsgegenden Villen zu erwerben und diese dann an bis zu acht Teileigentümer weiterzuverkaufen.

Das Konzept – anteilig kaufen, anteilig nutzen und damit Geld sparen – ging für die Gründer schneller als gedacht auf. Schon knapp ein Jahr nach Geschäftsstart wurde ihr Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet. Was die Pacaso-Betreiber dazu motivierte, möglichst bald ihr Geschäftsfeld nach Europa auszudehnen.

Diese Ankündigung wiederum hat im Sommer des vergangenen Jahres zwei deutsche Gründerteams auf den Plan gerufen, die noch vor dem Europastart von Pacaso mit einem sehr ähnlichen Geschäftsmodell zunächst auf dem deutschen Markt starten wollten und inzwischen losgelegt haben.

Dabei stehen sowohl hinter dem in Düsseldorf und Hamburg ansässigem Start-up Villacircle als auch hinter Myne aus Berlin erfahrene Gründer. Bei Villacircle sind mit Roland Schaber und Jean-Pierre Fumagalli zwei Unternehmensgründer an der Spitze, die in der Vergangenheit schon einige Unternehmen gemeinsam gegründet und etwa den Werbevermarkter Smartclip erfolgreich an den Markt gebracht haben. Bei Myne wiederum sind das Fabian Löhmer und Nikolaus Thomale, die zuvor an mehreren Start-ups für Konsumenten beteiligt gewesen waren.

Marketingchef Schumann sieht in der Konkurrenz-Situation einen Vorteil für beide Unternehmen. „Das Geschäftsmodell ist in Deutschland noch weitgehend unbekannt“, sagt er. „Umso besser, wenn sich dann schon mal zwei oder drei Anbieter um deren Verbreitung bemühen.“

Ferienwohnungen: Das Modell Time Share ist in Verruf geraten

Dabei ist das Teilungsmodell in Deutschland bei Jachten oder Privatflugzeugen bereits bekannt. Und auch für Ferienhäuser und -wohnungen gab es das Timesharing-Modell, bei dem die Kunden ein zeitlich begrenztes Dauernutzungsrecht für eine bestimmte Immobilie erwarben – für eine oder mehrere Wochen im Jahr. Das war natürlich deutlich billiger als das jetzt angebotene Erwerbsmodell, geriet aber bald in Verruf: durch überlange Vertragsbindungen, hohe laufende Kosten und kaum eine Chance zum vorzeitigen Ausstieg, weil sich keine Käufer für die teuren Nutzungsrechte fanden.

Statt Teilnutzung nun Teileigentum – wird damit alles besser? Schumann behauptet, dass das Grundkonzept diesmal trägt: „Schon allein, weil bei unserem Modell wirklich Eigentum erworben wird.“ Verkauft werden Anteile an einer Ferienimmobilie von mindestens einem Achtel bis zu einer Hälfte des Hauses. Maximal kann es also acht Eigentümer für die Immobilie geben.

Rein rechtlich freilich werden die Käufer nicht unmittelbare Eigentümer eines Immobilienanteils, sondern Kommanditisten einer deutschen GmbH & Co KG, die von einem Wirtschaftsprüfer geführt wird. Das heißt? „Der Anleger wird Gesellschafter einer Immobilienfirma, die genau eine Immobilie besitzt“, erklärt Schumann. „Wir selber sind dabei eine Art Hausverwalter, der den Käufern einen umfassenden Service rund um die Ferienimmobilie bietet – von der Reinigung bis zu nötigen Reparaturen.“

Die dabei anfallenden Kosten tragen die Eigner entsprechend ihres Anteils. Sie zahlen dafür eine monatliche Pauschale von bis zu 100 Euro. Schließlich sorgt Villacircle auch für die Einrichtung des Hauses. Hinzu kommen steuerrechtliche Vorteile. „Die Anteilseigner unterliegen dem deutschen Steuerrecht und müssen in der Regel keine ausländische Vermögenssteuer zahlen“, sagt Schumann.

Entsprechend ihrer Anteile erhalten die Käufer Nutzungsrechte an der Immobilie. Bei einem Achtel sind das sechs Wochen im Jahr. Nur, wer garantiert, dass die Immobilie zur Wunschzeit zur Verfügung steht? Gesteuert werden die Belegungszeiten bei Villacircle via Buchungs-App. Dabei gelte nach Worten Schumanns „First come, first serve“: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Gebucht werden kann maximal für zwei Jahre im Voraus. Sonderregeln gelten für Hochsaisonzeiten und für Feiertage wie Weihnachten.

Schumann glaubt, dass unterschiedliche Schulferienzeiten der Bundesländer oder auch altersbedingte Interessenunterschiede eine weitgehend faire Nutzung der Immobilie gewährleisten. Und wer sich dennoch auf Dauer benachteiligt fühlt? „Der kann“, so Schumann, „zwölf Monate nach Erwerb der Immobilie durch die Besitzgesellschaft seinen Anteil wieder verkaufen.“ Wenn er denn mithilfe von Villacircle oder eines eingeschalteten Maklers einen Käufer für seinen Anteil findet. Ausgang offen, weil es bislang keinen Markt für solche Immobilienanteile gibt.

Ferienhaus Oslofjord, Norwegen
Ferienhaus Oslofjord, NorwegenImago

Prognose: „Ferienimmobilien bleiben ein exklusives Gut“

Offen ist auch, ob sich das Geschäftsmodell für die beiden Jungunternehmen rechnet. Gegenüber einem hundertprozentigen Erwerb berechnet Villacircle nach eigenen Angaben einen Preisaufschlag von zehn bis zwölf Prozent. Außerdem werden je nach Objekttyp zwischen 50.000 bis 100.000 Euro für die Inneneinrichtung fällig, die im Anteilspreis enthalten sind. Das führt dann insgesamt zu Aufschlägen von bis zu 15 Prozent.

„Ein Schnäppchen sind auch die Anteilskäufe nicht“, sagt Schumann. „Bei einer unserer ersten verkauften Immobilien, einem Strandhaus auf Mallorca, war das Achtel für knapp 250.000 Euro zu haben.“ Bei Myne wiederum kostete das Achtel eines Hauses in Königssee eher „bescheidene“ 160.000 Euro. Womit auch schon ein gewisser Unterschied zwischen den beiden Start-ups deutlich wird.

Während Myne mit seinen Angeboten versucht, nicht nur vermögende, sondern auch junge Kunden anzusprechen und darum zusätzlich Ferienwohnungen in sein Portfolio aufnehmen will, setzt Villacircle vorrangig auf schlüsselfertige Bauten mit gehobener Ausstattung. „Da darf man sich nichts vormachen“, sagt Schumann. „Ferienimmobilien bleiben nun mal ein exklusives Gut.“

Solche Immobilien freilich gehen nur weg, wenn auch der Standort stimmt. Mallorca ist sicherlich für beide Unternehmen ein Hotspot. Aber gerade dort wird es wie an anderen bevorzugten europäischen Feriendestinationen – von Italien, Frankreich, Österreich bis an die Nord- und Ostseeküsten – immer schwieriger, für das Sharing-Modell passende Immobilien zu finden oder gar sie erst zu entwickeln. Darum ist man bei Villacircle dabei, ein engmaschiges Scouting-Netz aufzubauen.

Zugleich bietet das Unternehmen ortsansässigen Maklern an, ihre Ferienimmobilien in das Portfolio von Villacircle einzubringen. Zudem gilt für beide Firmen, dass man für die Etablierung des Geschäfts kräftig vorfinanzieren muss. In Rede steht ein hoher siebenstelliger Betrag, den Schumann nicht genau beziffern will.

Der Seriengründer und erfahrene Wagniskapitalgeber Thomas Falk ist bei Villacircle schon zum Start mit eingestiegen. Bei Myne wiederum sind mit dem Auto-1-Mitgründer Hakan Koc und Alexander Artopé von der Kreditvermittler-Plattform Smava ebenfalls potente Investoren mit an Bord. „Wir sind mindestens noch für ein Jahr finanziert und planen für das Jahresende eine weitere Wachstumsfinanzierungsrunde“, sagt Schumann. „Wir haben doch mit dem Geschäft gerade erst angefangen.“