Trotz steigender Zinsen verlieren Ersparnisse an Wert - was sind Ihre Optionen?
An sehr rentablen Geldanlagen mangelt es derzeit. Wie es weitergeht, ist ungewiss. Auf lange Sicht haben weiterhin Fonds und ETFs die besten Aussichten.

Jahrelang lagen die Spargroschen etwas verloren auf Giro- oder Sparkonten. Für die Einlagen gab es keine oder nur sehr mickrige Zinsen. Das ändert sich gerade, den Notenbanken sei Dank. Sie haben die Zinsen schon erhöht. Nach und nach reagieren die Banken darauf. Zwei Prozent und mehr sind derzeit selbst beim absolut sicheren Tagesgeld drin.
Die eigentlich erfreuliche Entwicklung hat eine Kehrseite. Da sich während der Niedrigzinsphase auch die Inflationsrate nahe dem Nullpunkt bewegte, verringerte sich die Kaufkraft des Ersparten nicht wesentlich. Doch in den vergangenen zwölf Monaten sind die Preise auf breiter Front gestiegen. Zuletzt läge die Inflationsrate noch bei 8,7 Prozent. Sie frisst nicht nur die Zinseinnahmen wieder auf, sondern derzeit noch einiges mehr. Darauf sollten sich Sparer einstellen und andere Anlagemöglichkeiten in Betracht ziehen.
Verlorene Kaufkraft
Wie stark sich diese Entwicklung auswirkt, verdeutlicht eine kleine Rechnung. Wer 10.000 Euro auf der hohen Kante hat, kann damit im Jahr bei zwei Prozent Zinsen auf immerhin 200 Euro Ertrag hoffen. Um die Kaufkraft zu erhalten, müsste der Kontostand jedoch um 870 Euro anwachsen. Unter dem Strich ist Sparen mit Tages- oder Festgeld derzeit also ein Minusgeschäft. Sollte die Differenz zwischen Ertrag und Kaufkraftverlust so hoch bleiben, verliert das Vermögen schon in wenigen Jahren stark an Wert. Bei gleichbleibender Inflation wären 1000 Euro von heute in fünf Jahren nur noch 658,95 Euro wert. Jeder Prozentpunkt mehr Zins für das Ersparte mindert den Verlust. Daher lohnt sich der Vergleich der verschiedenen Angebote von Banken oder auch Neobrokern wie Trade Republic. Letztere bieten inzwischen auch für Depotguthaben eine Verzinsung an und machen den konventionellen Banken damit Konkurrenz.
Es lohnt sich daher vor allem bei größeren Summen ein Blick auf die Festgeldangebote der Banken. Dabei wird das Ersparte für einen längeren Zeitraum verbindlich angelegt. Die Spannen bewegen sich zwischen einem Monat und zehn Jahren. Infrage kommen derzeit die kürzeren Zeiträume. Denn Experten erwarten weitere Zinsanhebungen der Europäischen Zentralbank (EZB). In deren Folge sollten auch die Angebote der Banken besser werden.
Etwas besser: Festgeld
Momentan kann eine einjährige Festgeldanlage rund drei Prozent Zinsen abwerfen. Das Portal Weltsparen wirbt bereits mit 3,5 Prozent. Doch aufgepasst: Manche verlockende Angebote kommen von ausländischen Banken. Da stellt sich die Frage, ob die Einlagen dort auch im Falle einer Insolvenz gesichert sind. Bei den in der EU angesiedelten Instituten gilt eine Einlagensicherung von 100.000 Euro. Hier ist das Verlustrisiko also weitgehend ausgeschlossen. Die verschiedenen Angebote lassen sich auf Internetportale wie check24 leicht vergleichen. Auch die Stiftung Warentest listet unter www.test.de aktuelle Angebote für Festgelder auf.
Die Mühe lohnt sich, auch wenn der Unterschied zwischen zwei Prozent für das Tagesgeld und 3,5 Prozent für ein Festgeld gering erscheint. Bei einem Vermögen von 10.000 Euro bringt das Festgeld im ersten Jahr 150 Euro mehr ein. Über einen Zeitraum von fünf Jahren vergrößert sich der Abstand durch den Zinseszinseffekt noch. Bei zwei Prozent Zinsen stehen am Ende 11.040 Euro auf dem Kontoauszug, bei 3,5 Prozent sind es 11.870 Euro. Die Differenz entspricht schon dem Gegenwert eines schönen Kurzurlaubs.
Meist keine Alternativen: Lebensversicherung und Bausparen
Die Kapitallebensversicherung ist zwar weitverbreitet, doch in den meisten Fällen lohnt sich der Abschluss neuer Verträge nicht. Die Kosten der Produkte sind durch Provisionen vergleichsweise hoch und die Renditen waren zuletzt auch nicht üppig. Auch schlägt bei der betrieblichen Altersvorsorge bei diesen Produkten bei der Auszahlung der Staat in Form von Steuern und Sozialabgaben zu. „Eine neue Lebensversicherung ist Unfug“, stellt Hermann Tenhagen fest, Chef des Verbraucherportals Finanztip. Anders sieht es aus, wenn zum Beispiel der Arbeitgeber einen guten Teil der Beiträge übernimmt. Schießt er 25 Prozent zu, wird auch dieses Produkt wieder interessant. Ähnlich sieht es bei Bausparverträgen als Geldanlage aus. Hier hofft Tenhagen auf neue Angebote, die zum Beispiel auch die Finanzierung altersgerechter Umbauten von Immobilien ermöglichen. Doch das ist ein anderes Thema.
Keine Rendite ohne Aktien
Als Renditen, die sich in Richtung der Inflationsrate bewegen, kommen fast nur Aktienanlagen infrage. Auf lange Sicht liegt die Rendite hier bei sieben bis neun Prozent im Jahr. Tenhagen rät zu sogenannten Exchange Traded Funds (ETFs). Sie bilden einen Aktienindex nach, also beispielsweise den Dax oder den weltweiten Index MSCI World. Letzterer schwankt nicht so stark wie der Wert von Aktien einzelner Unternehmen oder die Kursentwicklung einzelner Länder und Branchen. Denn der MSCI verteilt die Risiken auf viele Unternehmen auf der ganzen Welt. Dennoch kommt es auch hier zu zeitweiligen Kursverlusten. Die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte zeigt aber, dass spätestens nach zehn Jahren wieder neue Höchststände erreicht wurden. Für eine langfristige Geldanlage eignen sich diese Produkte daher gut.
Um einen ETF zu kaufen oder einen Sparplan darüber abzuschließen, müssen Sparer über ein Depot verfügen. Das richtet entweder die Hausbank ein oder ein anderes Institut. In den vergangenen Jahren sind noch Smartphone-Broker wie Trade Republic dazugekommen, die ETFs anbieten. Ihr großer Vorteil sind die geringen Kosten. Während herkömmliche Aktienfonds neben einem Ausgabeaufschlag auch jährliche Gebühren für das Management erheben, kosten ETFs nur einen kleinen Betrag von oft nur 0,25 Prozent im Jahr.
Der Mix macht’s
Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass die hohe Inflationsrate zwar das Vermögen angreift, der Verlust dadurch aber durch eine Mischung von sicheren und weniger sicheren Geldanlagen verringert werden kann. Vorsichtige Sparer legen mehr Geld als Festgeld an und einen kleineren Teil in ETFs. Risikofreudigere Verbraucher handeln umgekehrt und halten einen größeren Teil ihrer Ersparnisse in den Indexfonds.
Und so sieht der Effekt dieser beiden Strategien aus: Der vorsichtige Sparer legt ein Viertel seiner 10.000 Euro in einem ETF an, der fünf Jahre lang durchschnittlich sieben Prozent Rendite erzielt. Drei Viertel des Geldes wandern auf ein Festgeldkonto mit 3,5 Prozent Zinsen. Am Ende der Zeitspanne kann sich der vorsichtige Anleger über ein Vermögen von 12.515 Euro freuen, der risikofreudigere Sparer über 13.488 Euro, fast 1000 Euro mehr. Ausschließlich als Tagesgeld für zwei Prozent angelegt, hätten es beide nur auf 11.040 Euro gebracht.