Trotz westlicher Sanktionen: Russland will mehr Öl fördern – Warum?
Russland rechnet damit, schon im Sommer mehr Erdöl zu fördern. Wie lässt sich das mit westlichem Verzicht auf russisches Öl vereinbaren?

Aktuell fördert Russland 9,9 Millionen Barrel Erdöl pro Tag: laut dem russischen Energieminister Alexander Nowak genauso viel wie im Februar. Damit wurde der leichte Fall im März auf nur 9 Millionen Barrel Erdöl pro Tag kompensiert worden.
Trotz westlicher Sanktionen, die den Export von russischen Rohstoffen erschwerten, hofft das Land, die Erdölforderung jetzt konsequent zu steigern und im Februar 2023 täglich schon 11,5 Millionen Barrel Erdöl zu fördern. Das würde der russischen Quote im Rahmen des Deals OPEC+ und dem Rekordhoch von 2019 entsprechen, bevor erdölexportierende Länder die Erdölgewinnung deutlich reduzierten.
Russlands Energieminister Novak, der auch stellvertretender Premierminister ist, erklärte die neueste Entscheidung mit der weltweit wachsenden Nachfrage nach Öl und Ölprodukten. Die Nachfrage nach russischem Öl steige auch aufgrund des Ausstiegs Chinas aus dem Lockdown, sagte Nowak am Donnerstag im russischen Fernsehen.
Neue Vereinbarung von OPEC+
Die Organisation erdölexportierender Länder OPEC+ hat die neuen Quoten am Donnerstag vereinbart. 24 Mitgliedsländer der Organisation haben vor, im Juli und August die Erdölproduktion zusammen um mindestens 648.000 Barrel täglich zu erhöhen. Russland beteiligt sich seit 2016 an OPEC+ und ist mit 14 Prozent Anteil an der globalen Förderung ein führenden Mitglied der Organisation. Genauso wie Saudi Arabien darf das Land der Vereinbarung zufolge im August schon 11 Millionen Barrel Erdöl pro Tag fördern.
Der Deal von OPEC+ vom Mai 2020 zur Reduzierung der Erdölförderung gilt vorerst bis Ende September, und es ist bisher unklar, wie die Mitgliedsländer die Erdölgewinnung weiter koordinieren wollen, wenn die Einschränkungen durch den Deal fallen. Das nächste Treffen der Organisation findet Anfang August statt.
Russland gleicht Verluste in Asien aus
Das sechste Sanktionspaket der EU gegen Russland als Antwort auf die Invasion in der Ukraine sowie der Verzicht der USA auf russisches Öl haben allerdings dazu geführt, dass Russland bereits deutlich weniger Öl in den Westen importiert. Andererseits führt China derzeit schon um 55 Prozent mehr russisches Öl ein als im letzten Jahr und ist so zum Ölkunden Russlands Nummer eins geworden. Das heißt: Aus keinem anderen Land importiert jetzt China genauso viel Öl wie aus Russland. Und in kein anderes Land exportiert jetzt Russland so viele fossile Brennstoffe (Pipeline- und LNG-Gas, Erdöl und Produkte, Kohle) wie nach China, geht aus einer Analyse des Forschungszentrums für Energie und saubere Luft mit Sitz in Helsinki, Finnland, hervor.
Auch Indien importiert jetzt deutlich mehr Erdöl aus Russland. Es gelingt den indischen Erdölraffinerien offenbar sogar, raffinierte Ölprodukte aus dem russischen Rohöl, das sie in Russland sowieso mit einem Rabatt beschaffen, nach Europa verteuert zu exportieren. Einschränkungen gibt es vonseiten der EU noch nicht.