US-Notenbank setzt auf Inflation

Die Federal Reserve überrascht mit einer neuen Strategie und will Jobs schaffen.

Jerome Powell
Jerome PowellAP/Jacquelyn Martin

Die US-Notenbank hat am Donnerstag zur Überraschung mancher Beobachter konkrete Details zu ihrem neuen geldpolitischen Rahmenwerk öffentlich gemacht. Wie die Federal Reserve in Washington mitteilte, soll sich ihr Inflationsziel künftig an Durchschnittswerten orientieren. Bisher stellt das Preisziel der Fed ein Punktziel dar, das sie möglichst exakt erreichen will. Auch das Beschäftigungsziel für den Arbeitsmarkt wurde leicht abgeändert.

Experten hatten zwar damit gerechnet, dass Fed-Chef Jerome Powell anlässlich einer wichtigen Notenbankkonferenz die neue Strategie thematisiert. Das tat er auch zeitgleich zur Veröffentlichung der Fed-Mitteilung. Eine offizielle Ankündigung der Zentralbank hatten aber die wenigsten Fachleute erwartet.

Powell sprach von einem neuen flexiblen Rahmenwerk mit durchschnittlicher Inflationssteuerung. Ein solcher Strategieschwenk sei notwendig in einer Welt mit extrem niedrigen Zinsen. Zwar trägt dazu auch die Fed mit ihrer Niedrigzinspolitik bei. Ökonomen sind sich jedoch einig, dass daneben andere Kräfte am Werk sind, unter anderem die fortschreitende Alterung in vielen Industrienationen. Wie die Fed mitteilte, wird sie künftig eine Inflation moderat über ihrem bisherigen Ziel von zwei Prozent anstreben, falls das Ziel zuvor verfehlt wurde. Fachleute sprechen auch von einem symmetrischen Inflationsziel. Die Fed stellte jedoch ebenso klar, dass sie ohne zu zögern gegen „exzessiven Inflationsdruck“ vorgehen werde.

Für den Arbeitsmarkt stellt die Fed klar, dass aus ihrer Sicht eine robuste Entwicklung erreichbar sei, ohne dabei eine starke Inflation auszulösen. Die Einsicht folgt aus der Erfahrung der vergangenen Jahre, als die Arbeitslosigkeit in den USA stark gefallen war, die Inflation aber nicht anspringen wollte. Entsprechend hatte auch die Fed ihr Inflationsziel meist verfehlt.

Die Änderungen sind Ergebnis einer umfassenden Strategieüberprüfung, die bereits Ende 2018 angekündigt worden war. Wegen der Corona-Pandemie hatte sich die Überprüfung verschoben. Eine solche Strategieüberprüfung will die Fed nun alle fünf Jahre durchführen, wie die Notenbank mitteilte.

An den Finanzmärkten zeigten sich nur kurzfristig deutliche Bewegungen nach den Fed-Aussagen. Zeitweise stieg der Eurokurs bis auf ein Tageshoch bei 1,1901 US-Dollar und fiel dann wieder auf 1,1799 Dollar zurück. Er notierte damit etwas niedriger als am Morgen. An der Frankfurter Börse hatte der Dax nur für kurze Zeit zulegen können, sank dann aber wieder leicht.

Aussagen von EZB-Direktorin Isabel Schnabel belasteten den Euro. Sie verteidigte die Negativzinspolitik der EZB. Banken müssen sei Jahren Strafzinsen zahlen, wenn sie bei der EZB Geld parken wollen. „Die Erfahrung im Euroraum in den vergangenen paar Jahren legen nahe, dass die positiven Auswirkungen überwiegen“, so Schnabel. Längerfristig könnte es jedoch auch zu Nebenwirkungen kommen. Es sehe aber derzeit nicht so aus, als habe die EZB schon das Niveau erreicht, bei dem die negativen Folgen überwiegen würden. Händler interpretierten die Aussagen dahingehend, dass die EZB auch bei den Zinsen erneut handeln könnte. Dies könnte den Euro belasten.

Der Dollar wurde am Nachmittag auch durch robuste US-Wirtschaftsdaten gestützt. So sind die Auftragseingänge für langlebige Güter im Juli deutlich stärker gestiegen als erwartet. Es war zudem der dritte Monat mit hohen Aufträgen. Der Einbruch in der Corona-Krise wurde so wettgemacht. Die Auftragseingänge sind auch ein Indikator für die Investitionstätigkeit der Unternehmen.

Die EZB wird in den kommenden Monaten ihre Strategie überprüfen. Anders als die Fed hat die EZB kein Mandat, den Arbeitsmarkt im Euroraum direkt zu steuern. Allerdings hat sie die Möglichkeit, über die Zinspolitik einzugreifen. Es ist denkbar, dass auch in Frankfurt eine höhere Inflation angestrebt wird, um im Falle eines Anspringens der Konjunktur wieder zu einem positiven Zinsniveau zu kommen.

Insgesamt sehen Beobachter die Notwendigkeit, dass bei Löhnen und Preisen nachjustiert wird. Die Löhne waren in den vergangenen Jahren trotz Vollbeschäftigung in Deutschland nicht signifikant gestiegen. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass die EZB den gesamten Euroraum im Blick haben muss. In den südeuropäischen Staaten ist die Arbeitslosigkeit noch immer hoch. Insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit verharrt in Italien, Spanien und Griechenland seit Jahren auf einem viel zu hohen Niveau. (BLZ, mit dpa-AFX)