„Verband Kommunaler Unternehmen“ warnt vor Substanzen und Spurenstuffe im Trinkwasser in Deutschland.

Berlin - Es handelt sich homöopathische Mengen nahe der Nachweisgrenze.  Weil diese aber mithilfe immer modernerer Analysemethoden immer weiter absinkt, finden sich im Trinkwasser heute Substanzen, die gestern noch unentdeckt blieben. Diese „Spurenstoffe“ sind zum Beispiel in Medikamenten, Pestiziden, Waschmitteln, Körperpflegeprodukten und Kosmetika enthalten.

Selbst leistungsfähige Kläranlagen sind nicht dazu in der Lage, die Stoffe im Milliardstel-Gramm-Bereich herauszufiltern. Aber müssen sie das? Gehen von den Spurenastoffen Gefahren für Mensch und Umwelt aus?

Diese Fragen sind derzeit nicht, jedenfalls nicht pauschal zu beantworten. Doch gerade deshalb mahnt die Hauptgeschäftsführerin des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU), Katherina Reiche,  eine systematische Erfassung der Substanzen und wissenschaftliche Untersuchungen zu möglichen Risiken an. Nicht alle Einträge seien bedenklich. Es gehe nicht um Alarmismus, aber um Sorgfalt und Vorsorge: „Beim Trinkwasser hört der Spaß auf.“

Das sieht die große Mehrheit der VKU-Mitgliedunternehmen ebenso.  In einer Umfrage des Verbands äußerten 84 Prozent der Wasserbetriebe die Vermutung, der zunehmende Eintrag von Spurenstoffen beeinträchtige Gewässerqualität und Ökosysteme. Als besonders Besorgnis erregend betrachten knapp 94 Prozent der Kommunalversorger pharmazeutische Substanzen. Gut 87 Prozent nannten Pflanzenschutzmittel. Rückstände aus Haushaltsreinigern, Shampoos und Co. beunruhigen etwa ein Drittel der Betriebe. Was tun?

Verbraucher an Reinigung beteiligen

Zum Nulltarif werden die Spurenstoffe  nicht aus dem Wasserkreislauf zu entfernen sein. Neun von zehn VKU-Unternehmen rechnen mit steigenden Kosten für bessere Filtertechniken.  Bundesweit würde die Installation einer weiteren Reinigungsstufe in Klär- und Trinkwasseranlagen rund 1,3 Milliarden Euro verschlingen, schätzt Georg Wolf, Vorstandschef des Wupperverbands, der zwischen Leverkusen und Wuppertal 900 000 Menschen mit Trinkwasser versorgt. Für die Wasserkunden bedeutete dies höhere Preise zwischen 6 und 30 Cent pro Kubikmeter, abhängig vom Nachrüstungsbedarf.

Reiche plädiert daher dafür, neben den Verbrauchern auch die Hersteller an den Kosten zu beteiligen. Kein leichtes Unterfangen, angesichts der Mengen und Vielzahl betroffener Produkte: Jedes Jahr geraten 630 000 Tonnen Chemikalien aus Wasch- und Reinigungsmitteln über Privathaushalte ins Abwasser. Hinzu kommen 10 500 Tonnen aus Kosmetika und Körperpflegeprodukten, knapp 118 000 Tonnen Pflanzenschutzmittel und 8100 Tonnen Medikamente. Denkbar wäre es  laut Wulf, Abgaben von den Herstellern für die Wasserreinigung zu verlangen, die diese Kosten vermutlich auf die Konsumentenpreise aufschlügen. Die Kunden hätten dann die Wahl zwischen abgabenbelasteten  Produkten mit Spurenstoffrisiko und preiswerteren abbaubaren Erzeugnissen.

Bis es soweit ist, schlägt Reiche die Einrichtung einer zentralen Datenbank vor, in der Informationen über Art, Eintragsmengen, mögliche Risiken und Filtertechnologien der Stoffe gesammelt werden. Auch solle bei der Zulassung von Arznei- und Pflanzenschutzmitteln künftig auch Belastungen des Wasserkreislaufs berücksichtig werden.

An Ideen zum Wasserschutz mangelt es also nicht. An der Umsetzung schon. Bisher hat Deutschland  nicht einmal die Vorgaben der 25 Jahre alten EU-Nitratrichtlinie erfüllt.