Was passiert, wenn ich meine Strom- und Gasrechnung nicht zahlen kann?

Wer die steigenden Kosten nicht tragen kann, dem droht die Energiesperre. Doch ab wann darf der Versorger Strom und Gas tatsächlich abstellen?

Wer mit Gas kocht und heizt, muss sich auf stark steigende Preise einstellen.
Wer mit Gas kocht und heizt, muss sich auf stark steigende Preise einstellen.dpa/Marijan Murat

Strom und Gas werden noch teurer, für viele Verbraucher so teuer, dass sie schon bald ihre Rechnungen nicht mehr begleichen können. Das prognostizierte der Chef der Bundesnetzagentur Klaus Müller erst vergangene Woche. Doch was passiert dann? Wann darf der Energieversorger bei ausstehenden Zahlungen den Strom abstellen oder den Gashahn zudrehen?

Grundsätzlich gilt: Schon ab einem Zahlungsrückstand von 100 Euro dürfte der Energieversorger Strom oder Gas abstellen. Dafür gibt es aber einige Voraussetzungen. So muss der Versorger die Sperre vier Wochen vorher ankündigen. Diese Zeit sollten Verbraucher nutzen, rät die Verbraucherzentrale Berlin. Denn eine Energiesperre zu verhindern, sei leichter zu bewerkstelligen, als einen gesperrten Anschluss wieder freizuschalten.

Bei drohender Gassperre: Ratenzahlung vereinbaren

Die Verbraucherzentralen raten in einem solchen Fall, frühzeitig Kontakt zum Versorgungsunternehmen aufzunehmen und beispielsweise um eine Ratenzahlung zu bitten. Auf Möglichkeiten der Ratenzahlung müssen Grundversorger bei einer drohenden Sperre sogar von sich aus aufmerksam machen. Auch eine zeitweilige Erhöhung der Abschläge könnte eine Möglichkeit sein, um die Schulden zu reduzieren. Oder eine Stundung bis zur nächsten Jahresrechnung. Das könne ein Weg sein, wenn man glaubhaft machen kann, dass die Zahlungsprobleme nur vorübergehend sind. Wer Sozialleistungen erhält, kann außerdem ein gebührenfreies Darlehen beim Jobcenter beantragen. Für andere könne es sinnvoll sein, den Anspruch auf Wohngeld zu prüfen, um so die finanziellen Mittel zu erhöhen. „Durch gestiegene Gasabschläge haben deutlich mehr Verbraucher einen Anspruch auf Wohngeld oder ergänzende Sozialleistungen, da die Kosten der Unterkunft gestiegen sind“, sagt Elisabeth Grauel, Projektleiterin der Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale Berlin.

Können die Schulden trotz aller Versuche nicht beglichen werden, ist eine Strom- oder Gassperre in der Regel kaum mehr abzuwenden. Besteht ein Vertrag mit einem Grundversorger, ist dieser verpflichtet, die Sperre mindestens acht Tage vorher in Briefform anzukündigen. Bei Verträgen außerhalb der Grundversorgung gibt es solch eine Pflicht nicht – das Licht kann auf einmal aus oder das Wasser kalt sein.

Das Sperren und Entsperren von Strom und Gas kostet extra

Laut der Verbraucherzentrale Berlin kann der Versorger den Strom oder das Gas abklemmen, wenn der Zahlungsrückstand das Doppelte des monatlichen Abschlags erreicht. Wurden kein Abschlag oder keine Vorauszahlung vereinbart, muss der Rückstand ein Sechstel der Jahresrechnung erreichen. „In jedem Fall muss er aber mindestens 100 Euro betragen“, erklären die Verbraucherschützer und geben ein Beispiel: Wenn bei einer Jahresrechnung von 1200 Euro kein Abschlag vereinbart worden ist, muss der Rückstand ein Sechstel der Rechnung betragen, also mindestens 200 Euro, damit eine Energiesperre rechtens ist.

Ist der Strom oder das Gas erst einmal abgestellt, werden die Kosten nicht weniger – im Gegenteil. Denn sowohl die Sperrung der Energieversorgung kostet Geld wie auch das Entsperren nach Begleichen aller Schulden. So berechnet der Netzbetreiber für Strom in Berlin, das Stromnetz Berlin, insgesamt 95,29 Euro und die Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg, der Netzbetreiber für Gas, 129,21 Euro. „Wird der Verbraucher nicht angetroffen, entstehen Kosten für den erfolglosen Unterbrechungsversuch sowie eventuell weitere Kosten durch die Einschaltung von Rechtsanwälten, um die Sperrung gerichtlich durchsetzen zu können“, sagt Grauel.

Schuldnerberater können vermitteln

Hilfe können sich Betroffene bei der Verbraucherzentrale vor Ort, einer Schuldnerberatung oder auch bei einem Rechtsanwalt holen – bei letzterem insbesondere dann, wenn vermutet wird, dass die Sperre nicht rechtens ist. In anderen Fällen können Schuldnerberater bei Bedarf mit den Versorgern in Kontakt treten, vermitteln oder auch finanzielle Ansprüche gegenüber dem Sozialleistungsträger prüfen. So können unter bestimmten Voraussetzungen auch Arbeitnehmer und Rentner Sozialleistungen beantragen.

Rat & Hilfe bei drohender Energiesperre
Die Energieschuldenberatung der Verbraucherzentrale Berlin ist kostenlos. Ein persönlicher Termin kann unter 030 214 85-202 in den Zeiten Mo–Do von 10–16 Uhr und Fr von 10–14 Uhr vereinbart werden. Auch ohne Termin sind Sprechstunden an folgenden Standorten möglich: Mehrgenerationenhaus Orangerie-Kiezspinne, Schulze-Boysen-Str. 38, Berlin-Lichtenberg; Quartiersbüro der Verbraucherzentrale Berlin e. V., Lübecker Str. 49, Berlin-Mitte; und GESOBAU-Nachbarschaftsetage, Wilhelmsruher Damm 124, Berlin-Reinickendorf. Sprechstundenzeiten unter https://www.verbraucherzentrale-berlin.de/energieschuldenberatung