Berliner Wirtschaft: Darum ist die „Weiter so“-Koalition gescheitert

Für die Berliner Unternehmen spiegelt das Wahlergebnis den Wunsch der Menschen nach einem politischen Neuanfang wider. Was haben Franziska Giffey und Co. falsch gemacht?

Mit einem Blumenstrauß in der Hand nimmt Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin, am Tag nach der Berliner Wahl an der Präsidiumssitzung ihrer Partei teil.
Mit einem Blumenstrauß in der Hand nimmt Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin, am Tag nach der Berliner Wahl an der Präsidiumssitzung ihrer Partei teil.Wolfgang Kumm/dpa

Die Berliner haben gewählt. Das vorläufige Endergebnis: Die CDU führt mit 28,2 Prozent der Stimmen, gefolgt von der historisch schwachen SPD. Nur knapp 105 Stimmen Abstand von den Grünen ermöglichen es der Noch-Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey noch theoretisch, bei 18,4 Prozent der Stimmen eine rot-grün-rote Koalition fortzusetzen. Doch wer will das noch?

Die Berliner Wirtschaft rechnet mit der früheren Regierungsarbeit ab. „Im Wahlergebnis spiegelt sich eindeutig der Wunsch nach einem politischen Neuanfang, getragen von pragmatischer, lösungsorientierter und undogmatischer Regierungsarbeit“, kommentiert der Präsident des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), Markus Voigt. Der Wahlsieg der CDU bedeute einen klaren Regierungsauftrag. Ein „Weiter so“ sei zwar rechnerisch möglich, würde der Wechselstimmung aber widersprechen, die im Wahlausgang klar zum Ausdruck komme.

Rot-Grün-Rot: Einfach nur handlungsunfähig?

Die Interessen der Wirtschaft entsprächen nicht zuletzt deutlich den Wünschen der Bevölkerung: Die politische Agenda der nächsten Jahre solle sich nicht an Partikularinteressen orientieren, sondern daran, was gesamtgesellschaftlich notwendig sei, fordert Voigt. Man wünsche sich am ehesten eine aus zwei Parteien bestehende Koalition – schon wegen der potenziell geringeren Reibungsverluste. Am wichtigsten sei es jedoch, möglichst schnell greifbare Fortschritte zu erzielen: bei der Verwaltungsmodernisierung, beim Wohnungsbau, bei der Digitalisierung, im Bildungswesen und beim Umbau zur klimagerechten Stadt. „Diesen Weg werden die Berliner nur im Miteinander, nicht im Gegeneinander erfolgreich beschreiten können“, so der VBKI-Präsident.

Die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) sehen ihrerseits im Wahlergebnis „eine Zäsur für Berlin“. Es zeige, dass viele Berlinerinnen und Berliner unzufrieden mit der Politik des Senats seien, erklärte UVB-Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck. Die bisherige Koalition habe kaum Fortschritte beim Wohnungsbau, im Verkehr und in der Bildungspolitik gemacht: Da, wo es einen besonders hohen Handlungsbedarf gegeben habe. Es bestehe die Gefahr, dass es bei der Fortsetzung der bestehenden Koalition weiterhin kaum vorangehe. Berlin brauche eine Parteienkoalition, die bei diesen zentralen Themen Fortschritte erreichen könne.

Der VBKI plädiert für eine rasche Umsetzung der Verwaltungsreform auf Basis der Vorschläge, die Ende November vom Chief Digital Officer des Landes Berlin, Dr. Ralf Kleindiek, vorgestellt wurden. Im Bereich Wohnen und Stadtentwicklung solle in Berlin zudem eine intelligente Eigentumsförderung stattfinden und eine Internationale Bauausstellung organisiert werden. Eine ambitionierte, an Exzellenz orientierte Wissenschaftspolitik solle darüber hinaus die Grundlage für künftige Erfolge des Standorts Berlin bilden.

Haben Sie Feedback ? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de