Wohneigentum: Riesige Lücken zwischen Einkommen und Immobilienpreisen
Berlin - Einkommen und Immobilienpreise klaffen immer weiter auseinander. Zwischen 2012 und 2016 legten die Preise für Wohneigentum in zwölf deutschen Metropolen ausnahmslos deutlich stärker zu als die regionalen verfügbaren Nettoeinkommen, wie eine Studie der Postbank zeigt. Nur in einigen ländlichen Gebieten verlief die Entwicklung umgekehrt. Die zentralen Ergebnisse im Überblick.
Wo gehen Kaufkraft und Immobilienpreise am weitesten auseinander?
In München, würden wohl neun von zehn Befragten spontan antworten, lägen damit allerdings knapp daneben. Tatsächlich findet sich die bayerische Landeshauptstadt zwar weit, aber nicht ganz oben auf der Liste. Auf Platz eins steht der Landkreis Nordfriesland. Dort müssen 23,3 Jahreseinkommen zum Kauf einer 100-Quadratmeter-Wohnung ausgegeben werden. Für diese Berechnung legt die Postbank einerseits die regionalen Wohnungspreise zu Grunde und andererseits die im Landkreis durchschnittlich erzielten Jahresnettoeinkommen pro Kopf.
Auf den Spitzenreiter bezogen heißt das: Um sich im Landkreis Nordfriesland eine 100-Quadratmeter-Wohnung kaufen zu können, müssen 23,3 verfügbare Pro-Kopf-Jahreseinkommen, die im Schnitt in diesem Landkreis erzielt werden, aufgewendet werden. Als Real-Einkommen pro Kopf der Bevölkerung gelten Arbeitsentgelte, Renten, Kapitalerträge, Sozialleistungen und Mieteinnahmen abzüglich Steuern und Abgaben. Der Spitzenwert für Nordfriesland ergibt sich aus der großen Zahl besonders teurer Ferienwohnungen etwa auf Sylt, wo Immobilienpreise und verfügbares Pro-Kopfeinkommen besonders weit auseinander liegen.
Wie schneiden die Großstädte ab?
Auf Rang zwei der insgesamt 402 Kreise und kreisfreien Städte findet sich München: Dort müssen 21 regionale Durchschnittsjahreseinkommen ausgegeben werden, um eine 100-Quadratmeter-Wohnung zum örtlichen Durchschnittspreis kaufen zu können. In Euro und Cent liegen Münchener Wohnimmobilien damit unangefochten an der Spitze: Das verfügbare Pro-Kopf-Jahreseinkommen in der Bayernmetropole lag 2016 mit 29.255 Euro deutlich über dem anderer Großstädte. Multipliziert mit dem Faktor 21 ergibt sich ein Durchschnittspreis von 614.355 Euro für eine 100-Quadratmeter-Wohnung.
In Hamburg, das auf Platz zwei der Großstädte landet, müssen 15,9 Jahreseinkommen in Höhe von durchschnittlich 24357 Euro, also 387.276 Euro ausgegeben werden, um eine Wohnung besagter Größe zu erwerben. Berlin folgt mit 15,8 Jahreseinkommen von 20 529 Euro auf Rang drei, woraus sich ein Wohnungspreis von 324.358 Euro ergibt. In Frankfurt am Main auf Rang vier ergeben 15,7 Jahreseinkommen zu je 25396 Euro einen Kaufpreis von 398 717 Euro. Köln landet mit 12,8 Jahreseinkommen zu 23.520 Euro auf Rang 6, Leipzig ist mit 9,5 Jahreseinkommen à 18.860 Euro zehnter, Bremen liegt mit 8,7 Jahreseinkommen von je 21.108 Euro auf Rang elf. Die Beispiele zeigen: Nicht der absolute Kaufpreis ist für die Platzierung auf der Rangliste maßgeblich, sondern das Verhältnis zum durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen.
Wie sieht es auf dem Land aus?
Uneinheitlich. Auf der einen Seite finden sich neben Nordfriesland die vier Landkreise Miesbach, Aurich, Starnberg und München unter den ersten zehn der Rangliste. In bayerischen Miesbach müssen 17,6 Jahreseinkommen für die 100-Quadratmeter-Wohnung ausgegeben werden, m ostfriesischen Aurich sind es 15,8 Jahreseinkommen. In den wohlhabenden Landkreisen Starnber und München liegt der Umrechnungsfaktor bei 15,5 und 15,4, wobei dort die Jahreseinkommen (und somit auch die Immobilienpreise in Euro und Cent) höher liegen als in Miesbach und Aurich.
Ländliche Gebiete finden sich aber nicht nur in der Spitzengruppe, sondern auch am Ende des Postbank-Rankings: Im Landkreis Osterrode am Harz ist einen 100-Quadratmeterwohnung bereits zum 2,8-fachen eines verfügbaren Pro-Kopf-Jahreseinkommens in Höhe von 20439 Euro zu haben, also bereits für unter 60 000 Euro. Ähnlich günstige Kaufkraft-Preisrelationen finden sich im Vogtlandkreis (3,1 Jahreseinkommen a 18482 Euro), im Landkreis Wunsiedel/Fichtelgebirge (3,3 a 20824 Euro) sowie in den Landkreisen Kyffhäuser, Zwickau, Goslar, Jerichower Land und Holzminden.
Wo stiegen Immobilienpreise im Vergleich zu den Einkommen besonders kräftig?
In Stuttgart stiegen die verfügbaren Pro-Kopf-Einkommen zwischen 2012 und 2016 preisbereinigt um nur 2,5 Prozent, während die Durchschnittspreise für eine 100-Quadratmeter-Wohnung in der Schwabenmetropole um 53,4 Prozent nach oben schossen. Die Region Hannover verzeichnete in diesem Zeitraum ebenfalls eine rasch wachsende Lücke: Dem realen Einkommensplus von 11,9 Prozent stehen um 43,8 Prozent gestiegene Wohnungspreise gegenüber. In Köln sind es 12,4 Prozent höhere Einkommen und ein Preisanstieg von 40,3 Prozent.
In Berlin wuchsen die Realeinkommen um 9,2 Prozent, während die Wohnungspreise um 38,3 Prozent kletterten. Eine besonders große Lücke weist auch Bremen auf, wo die preisbereinigten Realeinkommen zwischen 2012 und 2016 nur um 2,8 Prozent, die Wohnungspreise aber um 33,8 Prozent zulegten. Nur in wenigen Landkreisen verlief die Entwicklung in entgegen gesetzter Richtung: Im thüringischen Landkreis Hildburghausen etwa fielen die Immobilienpreise um 19 Prozent, während die Einkommen um 5,9 Prozent stiegen.