Wo Berlins berühmte Bewohner leben und lebten (4): Bushidos Marienfelde: Vom Dorf zur Neubausiedlung
Die Heimat eines Gangsta-Rappers stellt man sich anders vor. In Marienfelde sieht der Besucher weder Promis, noch Ghetto-Kids. Stattdessen unauffällig gekleidete Passanten, unterwegs zur Arbeit. Eine junge Mutter sucht nach einem Mülleimer, um das Bonbonpapier ihres Kindes zu entsorgen. Hier ist der ordnungsliebende Berliner Mittelstand zu Hause.Im Westen flankiert Lankwitz den Stadtteil, Lichtenrade im Osten. Nördlich liegt Mariendorf und im Süden verläuft die Berliner Stadtgrenze zum Landkreis Teltow-Fläming. Knapp 30000 Menschen leben im Südwesten des Bezirks Tempelhof-Schöneberg. Trotz zahlreicher Verkehrsschneisen und teilsweise dichter Bebauung -wegziehen mag hier kaum einer. Der Rapper Bushido erwies sich als Lokalpatriot. Obwohl als Musiker bereits erfolgreich, hielt er seinem Kiez jahrelang die Treue. Erst vor Kurzem zog der Millionär in eine Villa in Lichterfelde, bis dato lebte er bescheiden in einer Zweizimmer-Wohnung in Marienfelde.Nicht weit vom ehemaligen Wohnort des Musikers entfernt liegt der historische Dorfanger. In dessen Mitte thront das Wahrzeichen des Ortsteils: eine im Jahr 1220 erbaute Feldsteinkirche. Sie ist das älteste weitgehend erhaltene Gebäude Berlins. Kirche und Anger erinnern daran, dass Marienfelde einst ein unabhängiges märkisches Dorf war, das sich die wuchernde Metropole Berlin nach und nach einverleibte. Ende des 19. Jahrhunderts entstand die Villenkolonie Neu-Marienfelde. Der alte und der neue Stadtteil wuchsen rasch zusammen. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in den 1950er- und 1960er-Jahren, wurden Einfamilienhäuser und Mietwohnungen gebaut. In den 1970er-Jahren kamen Hochhaussiedlungen hinzu. Die Mieten sind mit fünf bis sieben Euro pro Quadratmeter erschwinglich. Wer kaufen möchte, kann in den Hochhäusern am Tirschenreuther Ring eine Wohnung für 1200 Euro für den Quadratmeter erwerben; andere Objekte in kleineren und weniger anonymen Anlagen kommen schon mal auf 2000 Euro pro Quadratmeter. Obwohl im Laufe der Zeit die meisten Äcker Neubauten weichen mussten, finden sich immer noch Bauernhöfe. Auch auf Grünflächen müssen die Anwohner nicht verzichten. Ausgerechnet der Berliner Stadtreinigung haben sie ein besonderes Naherholungsgebiet zu verdanken: Die Marienfelder Alpen sind durch eine renaturierte Müllhalde entstanden. Als Ausflugsziel ebenso beliebt ist der Grünstreifen im ehemaligen Grenzgebiet.An die Teilung erinnert auf dem Grenzstreifen nur wenig. Anders im Herzen des Ortsteils, an der Marienfelder Allee: Hier steht das Notaufnahmelager, das den Namen Marienfelde weithin bekannt machte. Ab 1953 wurden dort 1,35 Millionen Flüchtlinge und Ausreisende aus der DDR vorübergehend untergebracht. Heute ist das Lagergelände eine Erinnerungsstätte.------------------------------Foto: Die Hochhaussiedlung wurde in den 1970er-Jahren errichtet.