Das Mine in Berlin: Im Bergwerk der Gastfreundschaft

In einer Querstraße des Kudamms fördert dieser Italiener mit russischem Koch einen Service zutage, wie er selten geworden ist. Und auch die Trüffel schmecken.

Machen den Charme des Abends aus: die Mitarbeiter des Mine Restaurants.
Machen den Charme des Abends aus: die Mitarbeiter des Mine Restaurants.MINE

Berlin-Diese Mine liegt überirdisch. Dennoch fördert das Restaurant Mine in der Meinekestraße unweit des Kurfürstendamms kulinarische Schätze an die Oberfläche. Aber vor allem sind es die Minenmitarbeiter, die Kellner, Köche und der Maître D’, die den Besuch zu einer Wohltat machen.

Den Gast begrüßt ein warmes Licht, doch wärmer noch glüht den Mitarbeitern die Gastfreundschaft im Gesicht. Ein Gruß aus der Küche, knusperdünne Crostini-Plateaus zum Schaufeln einer aufgeschäumten Mascarpone-Gorgonzola-Mousse, erreichen den Tisch rasch. Viel besser als jene wahlweise saftigen oder trockenen Brotlaibe, die bei vielen Italienern über den rot-weißen Tischdecken abgeworfen werden – und als durchschaubarer Versuch gewertet werden müssen, die Sättigungsgrundlage schon vor der Vorspeise zu legen.

Was an der Mine vor allem anderen gefällt, ist die zugewandte Art der Kellner, die auch bei ausgebuchtem Haus an einem regnerischen Montagabend im Februar immer bemüht sind, die Wünsche der Gäste zu erfüllen – auch wenn es manchmal einen Atemzug schneller gehen könnte. Wer einen Wein wählen möchte, bekommt die Weinprobe umstandslos. Gern bringt der Kellner dann für das Kosten dreier Flaschen sechs Gläser für zwei Gäste. Dieser unglaubliche Unterschied zwischen einer Bedienung, die sich für zwei Stunden zum Verbündeten der Besucher macht, und einem Indoor-Essenslieferanten. Wer würde nicht lieber für einen Stern essen als für drei, wenn der Umgang beim ersteren stimmt.

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Bekannt ist das fünf Jahre alte Lokal, das aber über die Zeit der Pandemie ein Stück weit in Vergessenheit geraten ist, und in den vergangenen Monaten vor allem mit seinem schnittigen Instagram-Auftritt wieder auf sich aufmerksam gemacht hat, für gelbglänzende Tortelli unter dichten Trüffeldecken. Großzügig bedeckt eine Schicht der nussbraunen Scheiben die Pasta auf den Instagram-Bildern – aber auch vor Ort. Die Variante mit Burrata-Füllung ist der mit Kalbfleischfüllung vorzuziehen. Der Seebarsch mit Spargel und Amalfi-Zitronen-Zabaione ist wundersam knusprig auf der Hautoberfläche.

Trüffel, Pasta: Alles gut.
Trüffel, Pasta: Alles gut.MINE

Zuvor aber empfiehlt sich beispielsweise die dekonstruierte Melanzane. Zwar ein etwas blöder Begriff für eine ganze Aubergine neben Mozzarella und subtil-süßer Tomatenmarmelade, aber das vergisst man, wenn die warme Eierpflanze durch die Minenöffnung des Mundes in die Tiefe des Magens hinabgefördert wird. Der gebratene, wilde Brokkoli mit Basilikum-Hollandaise und Pecorino Romano war leider ausverkauft. Aber das ist nicht schlimm, denn wilden Brokkoli gibt es seit drei Jahren in jedem Restaurant in Berlin, das was auf sich hält. Langsam wird’s langweilig.

Die Karte birgt außer den Vorspeisen vier Pasta- und vier Hauptgerichte. Gute Summe. Bei alledem sitzt man im warmen Licht von zweieinhalb nicht zu großen Räumen an intimen Tischen zwischen Weinkühlschränken. Nur nach oben schauen sollte man nicht. Die Decke ist ein Muster aus hässlichen Kachelimitaten, die auf alt gemacht sind. Ein unnötiges Manko. Doch gleich darauf entschädigt der Basque Cheesecake vom separaten Dessertmenü mit einer cremigen Tiefe, um die ihn andere Käsekuchen beneiden.

Wer im Mine essen möchte, muss noch eines beachten. Reservierungen sind ausschließlich online möglich; dafür muss die Kreditkarte hinterlegt werden. Erscheint der Gast nicht, wird eine Gebühr einbehalten. Das atmet den Hauch von Spießigkeit und Online-Shopping. Doch wer sich darauf einlässt, wird mit unbestechlichem, analogem Charme belohnt. Wir hatten das Lokal schon verlassen, da stieß der Kellner noch einmal die Türe auf und rief uns einen Gruß in den Abend hinterher.

Bewertung: 4 von 5 Punkten!

Mine Restaurant, Meinekestraße 10, 10719 Berlin, geöffnet täglich 17.30 bis 0 Uhr.

Dieser Text ist in der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung erschienen – jeden Sonnabend am Kiosk oder hier im Abo.