Die Wochenendausgabe der Berliner Zeitung vom 29. Januar 2022
Die Wochenendausgabe der Berliner Zeitung am Samstag am Kiosk. Die Schwerpunkte: der Russland-Ukraine-Konflikt, Menschen mit Impfschaden, Queere in der Kirche.

Liebe Leserinnen und Leser! Der Russland-Ukraine-Konflikt spitzt sich immer weiter zu. Der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, wird immer nervöser und pocht auf Unterstützung durch den Westen. Die Osteuropäer drängen auf Waffenlieferungen, während Deutschland auf die Bremse tritt und pazifistische Töne anschlägt. Dabei war Annalena Baerbock noch vor einigen Monaten mit dem Ruf in den Wahlkampf gezogen, im Falle eines Wahlsieges dem russischen Volk Nachhilfe in Demokratie geben zu wollen. Doch nun als Außenministerin scheint sie anzuerkennen, dass Drohgebärden nichts bringen. Was also tun?
Genau mit dieser Frage beschäftigt sich die aktuelle Wochenendausgabe der Berliner Zeitung: Was tun mit Russland? Die Bild-Zeitung und Die Welt grölen und krächzen immer lauter und wollen unbedingt, dass Deutschland dem russischen Expansionsdrang mit Waffen und Drohszenarien die Stirn bietet. So einseitig wollen wir den Konflikt nicht betrachten, sondern stattdessen in die feinen Verästelungen der ukrainisch-russischen Beziehungen blicken.
Leicht ist der Konflikt nicht zu lösen. Das zeigt etwa der Wirtschaftshistoriker Adam Tooze von der Columbia University in New York, der in einem langen Essay erklärt, wie Russland so mächtig werden konnte, obwohl in den 1990er-Jahren nichts danach aussah (S. 24-26). Die Ukraine hingegen darbt seit einem Jahrzehnt vor sich hin und schaut rein ökonomisch auf ernüchternde Bilanzen. Adam Tooze zeigt, dass nur eine friedliche Lösung die Region stabilisieren wird. Wie dieser Frieden erreicht werden kann, analysieren unterschiedliche Texte in unserer Sonderausgabe. Ans Herz legen möchte ich Ihnen die Analyse von Elizabeth Rushton, die offenbart, dass es mit Waffenlieferungen nicht getan ist (S. 27). Die Einhaltung des Minsker Abkommens erfordert von beiden Seiten, Ost wie West, Kompromisse. Das vergessen große Teile von Berichterstattern in Deutschland, die glauben, mit Militärvokabular sich als Friedensstifter inszenieren zu können.
Menschen mit Impfschaden
Im Kulturteil möchte Ihnen den Text von Anna Gyapjas ans Herz legen: Die Journalistin hat mit der wunderbaren norwegisch-irisch-berlinerischen Singersongwriterin Tara Nome Doyle gesprochen, die nun ein neues Album herausgebracht hat. Die Sängerin gehört zum famosen Schatz Berliner Musikkultur. Es würde mich freuen, wenn Sie den Text lesen (S. 11) und auch in das neue Album „Vaermin“ hineinhören. Empfehlen möchte Ihnen auch den Text von Sören Kittel, der ein Tabu bricht und mit drei Menschen gesprochen hat, die nach der Corona-Impfung Spätfolgen zu beklagen haben. Es sind nicht viele. Und doch haben diese Menschen es nicht leicht, in der aufgeheizten Stimmung unserer pandemischen Gegenwart Gehör zu bekommen – und mit Respekt behandelt zu werden. Genau diesen Respekt wollen wir ihnen zollen. Wie Sie sehen: Sie erwartet eine kontroverse Ausgabe. Ich hoffe, wir bringen Sie zum Nachdenken.
Herzliche Grüße, Ihr
Tomasz Kurianowicz, Chefredakteur der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung
E-Mail: tomasz.kurianowicz@berliner-zeitung.de
Dieser Text ist in der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung erschienen – jeden Sonnabend am Kiosk oder hier im Abo.