Arbeitsagentur-Chef: Ausländer rein!

Der Arbeitsmarkt funktioniert nur noch dank ausländischer Menschen. Doch in Zukunft braucht es viel mehr von ihnen. Eine Partei verschließt davor die Augen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Hier arbeiten die Mühlen langsam, die Anerkennung als Geflüchteter kann auch mal drei Jahre dauern.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Hier arbeiten die Mühlen langsam, die Anerkennung als Geflüchteter kann auch mal drei Jahre dauern.Foto: Hardt/Future Image

Berlin-Allein für die eigene Zukunftsfähigkeit braucht Deutschland Ausländer und Ausländerinnen. Am Dienstag warnte Arbeitsagentur-Chef Detlef Scheele im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung vor „Lücken am Arbeitsmarkt. Wir brauchen 400.000 Zuwanderer pro Jahr“. Erst Ende Juni stellte das Statistische Bundesamt die aktuellen Migrationszahlen für das vergangene Jahr vor, das fünfte Jahr in Serie – also alle Jahre nach den großen Fluchtbewegungen im Jahr 2015 – sank die Migration nach Deutschland. 2020 gab es nur noch eine Nettomigration von 220.000 Menschen.

„Fakt ist: Deutschland gehen die Arbeitskräfte aus. Diese Lücke könnten allerdings teilweise auch Menschen füllen, die aus humanitären Gründen Asyl bekommen“, bekräftigte Scheele am Dienstag. 2015 seien auch viele Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen nach Deutschland gekommen, doch es müssten noch mehr Zuwanderer und Zuwanderinnen ins Land geholt werden: „Das muss die neue Bundesregierung alles anpacken.“

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Gleichzeitig zeigen die Zahlen des Statistischen Bundesamts, dass immer mehr ausländische Studierende an den deutschen Hochschulen studieren, auch kommen immer mehr Menschen aus Nicht-EU-Ländern als Arbeitskräfte ins Land.

Insbesondere die rechte Alternative für Deutschland (AfD) fällt immer wieder mit harter Antimigrationsrhetorik auf, fordert eine „Abschiebeoffensive“ und will Migration und Asyl deutlich reduzieren. Gleichzeitig will sie nur anerkannten Schutzsuchenden eine Arbeitserlaubnis erteilen, die Anerkennung eines Asylverfahrens dauert in Deutschland aber mindestens ein bis drei Jahre. Eine Zeit, in der sie für den deutschen Arbeitsmarkt verloren wären. Dabei ist mehr als ein Drittel aller seit 2015 nach Deutschland geflüchteten Menschen bereits abhängig beschäftigt, die Hälfte von ihnen arbeitet in sogenannten Hilfsberufen wie der DGB in einer Arbeitsmarktstudie schreibt. Zum Vergleich: Nur 15 Prozent der deutschen Arbeitenden verrichten solch niedrigbezahlten Tätigkeiten. Ohne arbeitende Geflüchtete würde der Niedriglohnsektor in Deutschland also relativ schnell kollabieren. Das allein wäre ja gar nicht mal so schlecht.

Dieser Text ist in der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung erschienen – jeden Sonnabend am Kiosk oder hier im Abo.