Netflix-Doku „Seaspiracy“: Von allem zu viel
Nicht Trinkhalme und Plastiktüten, nein, die kommerzielle Fischerei ist das größte Problem der Meere. Das zeigt die Netflix-Doku „Seaspiracy“. Die Kritik.

Netflix/Ali Tabrizi
Berlin-Dunkelrot färben sich die Wellen am Strand eines kleinen Fischerdorfs. Blut fließt aus den Bullaugen des Blechkutters. Rot ist auch das aufgeschäumte Wasser rund um das Wurfnetz eines kleinen Bootes. Blut sieht man überhaupt sehr viel in der Netflix-Doku „Seaspiracy“ des britischen Filmemachers Ali Tabrizi.
Hält man das Intro aus, nicht wegen des Blutes, das kommt erst später, eher wegen seines Werbespot-artigen Erzählcharakters, dann nimmt die Ich-geführte Kamera die Zuschauer mit auf eine Suche nach dem wahren Grund der ozeanischen Umweltkatastrophe.
Der Appetit auf Fisch vergeht
Von der Delfin- über die Haifisch- bis hin zur Tunfischindustrie springt der stets sehr schockierte Aktivist Tabrizi zu Interviews mit Experten und Politikern – durch alle erdenklichen Sphären von Fischerei und Meeresbiologie – bis hin zur eigentlich wichtigen Erkenntnis: Nicht Trinkhalme und Plastiktüten, nein, die kommerzielle Fischerei ist das größte Problem der Meere.
Dabei gerät er in bedrohliche Situationen, kommt gar mit organisierter Kriminalität und Sklaverei in Berührung. Dennoch überlagern Grafik, Ton und Schnitt die Recherche permanent mit einer solchen Hektik, dass kaum Zeit bleibt, das Gesehen zu verdauen. Als „enthüllend“ kategorisiert die Streaming-Plattform den Film – ein aufregendes Attribut, das vielleicht der Wucht an Informationen gerecht wird, die das Format liefert. Dem Sehvergnügen eher nicht. Der Appetit auf Fisch allerdings vergeht.
„Seaspiracy“, 89 Minuten, zu sehen bei Netflix.
Bewertung: 3 von 5 Punkten
Dieser Text ist in der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung erschienen – jeden Samstag am Kiosk oder hier im Abo.