Tatort aus Zürich: Mord im Namen der Kunst

Der Schweizer „Tatort“ macht sich: Der neue Fall um eine mysteriöse Kunstsekte ist visuell beeindruckend und insgesamt der beste des neuen Ermittlerteams.

Kommissarin Tessa Ott (Carol Schuler) im Kunstrausch
Kommissarin Tessa Ott (Carol Schuler) im KunstrauschARD Degeto/SRF

Ein junger Mann berichtet vor einer Videokamera von Missbrauch und Demütigungen in seiner Kindheit. Vor derselben Kamera wird dann sein Schädel kahlgeschoren. Schließlich wird sein Vater, ein Schönheitschirurg, dessen Kälte der Junge stets beklagt hatte, über eine Botschaft zu seinem Sohn geführt – und findet ihn tot in einer Werkhalle. Die Leiche hängt wie ein Kokon in Plastik verschnürt, das Gesicht ist grell tätowiert. Eine versteckte Videokamera filmt die Szene.

Geht es um einen Mord im Namen der Kunst, oder dient hier etwa Kunst als Vorwand für einen Mord? Diese Fragen stellt „Schattenkinder“, der dritte „Tatort“ aus Zürich. Denn das Opfer gehörte zu einer fernöstlich inspirierten Kunstsekte, deren Anführerin (Sarah Hostettler) sich Kyomi nennt, und die den Schmerz ihrer menschlichen Objekte ausstellen will. Visuell ist der Krimi deutlich interessanter und herausfordernder als die vorigen beiden Züricher „Tatorte“. Wie in einer Installation mit den bizarr tätowierten Körpern und Köpfen gespielt wird, das sieht schon beeindruckend aus. Erzählt wird nicht stur linear, sondern mit Sprüngen und Splittern.

Hoffnung auf ein Ende des Zickenkriegs

Störend wirkt zunächst nur der schon in den ersten beiden Fällen breit ausgewalzte Zickenkrieg zwischen der arroganten Kommissarin Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und der Seiteneinsteigerin Tessa Ott (Carol Schuler). Grandjean, die ihre Kollegin regelrecht mobbte, soll nun eine Beurteilung über Ott schreiben, die im letzten Fall aus Notwehr geschossen hatte, und scheint sie als unzuverlässig abzustempeln. Doch zum Glück wird dieses Duell nicht weiter forciert. Der dritte gemeinsame Fall verbreitet sogar die Hoffnung, dass die Nervereien künftig eingestellt werden.

Anzeige | Zum Weiterlesen scrollen

Den Fall um die „Schattenkinder“ bestreiten die beiden mit verteilten Rollen: Während sich Isabelle demonstrativ nicht für Kunst interessiert, zeigt Tessa ein Faible für die Videoinstallationen, lässt sich sogar auf einen Flirt mit der Kunstpriesterin Kyomi ein und beginnt auf einer Party – ziemlich unvermittelt, aber gekonnt – am Piano eine Soulballade zu singen. Carol Schuler ist ja auch als Sängerin bekannt. Mag auch die Auflösung und das feurige Finale etwas gezwungen erscheinen, so ist „Schattenkinder“ doch der bisher beste Krimi des neuen Schweizer Gespanns. Regisseurin Christine Repond hat parallel gleich den nächsten „Tatort“ abgedreht.

Wertung: 3 von 5 Punkten

Tatort: Schattenkinder, So, 13.3., 20.15, ARD

Dieser Text ist in der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung erschienen – jeden Sonnabend am Kiosk oder hier im Abo.