Tatort-Kritik: Haben die Aliens Münster übernommen?

In diesem Tatort werden radikalisierte Spinner vorgeführt und kräftig veralbert. Das ist weder spannend noch lustig.

Dieser Mann ist sich sicher: Die Polizei kollaboriert mit Außerirdischen.
Dieser Mann ist sich sicher: Die Polizei kollaboriert mit Außerirdischen.WDR

Was für ein Auftakt: Professor Boerne (Jan Josef Liefers) wacht verletzt in einem Bowlingcenter auf, rennt im Hawaii-Hemd durch Münster, verfolgt von einem schwarzen SUV, und gerät im Polizeipräsidium in eine Geiselnahme hinein. Ein durchgedrehter Fleischermeister bedroht den Kommissar Thiel (Axel Prahl), die Staatsanwältin Klemm (Mechthild Großmann) sowie Boerne und beschimpft sie als „Kollaborateure einer außerirdischen Besatzungsmacht“, die die „Versklavung und Ausrottung“ der Menschheit plane. Dann zeigt er seinen Sprengstoffgürtel. Vier Tage zuvor war ein Bekannter des Geiselnehmers tot aufgefunden worden – mit einem Chip im Nacken.

„Propheteus“ widmet sich also den immer wirreren Verschwörungstheorien. Nun erwartete keiner vom Münsteraner „Tatort“ einen ernsthaften Polit-Thriller oder das tiefer lotende Psychogramm eines Verwirrten. Aber wie sinnvoll ist es, radikalisierte Spinner vorzuführen und lediglich zu veralbern? Die Gruppe „Sisundus“ (soll heißen: Sie sind unter uns) scheitert ja schon an der Rechtschreibung, müsste eigentlich „Sisuntus“ heißen. Die Drehbuchautorin Astrid Ströher wollte eine „gute Balance zwischen Krimispannung, Humor und Relevanz erzeugen“.

Verfassungsschutz vom anderen Stern

Für etwas Witz sorgen nicht nur die gewohnt launigen, oft absurden Dialoge zwischen Thiel und Boerne, die selbst in Gegenwart des Geiselnehmers auf dem Dach über Aliens diskutieren. Dann rücken zwei echte Witzfiguren ein: Die Zwillingsschwestern Daniela und Melanie Reichert, die aus der Region Münster stammen, spielen zwei Abgeordnete vom Verfassungsschutz. Die beiden androgynen Wesen tragen Frisuren, die an die Pilzköpfe der Beatles anno 1964 erinnern und sprechen mit maschinell-blechernen Stimmen. Sie wirken also wie klassische Film-Aliens. Doch erstaunlicherweise wundern sich weder die Staatsanwältin noch die Kommissare über diese seltsamen Kollegen, was den Zuschauer wiederum verwundert und die Frage aufwirft: Haben die Aliens etwa schon Münster übernommen? Mit extraterrestrischen Abenteuern jonglierte ja zuletzt vor 25 Jahren der legendäre Ludwigshafener „Tatort: Tod aus dem All“.

Doch der Fall um „Propheteus“ wirkt seltsam unentschlossen, die bizarren Twins vom Verfassungsschutz bleiben Fremdkörper. Der Krimi spielt zwar mit einigen beliebten Münsteraner Elementen – wie der Hybris von Boerne. Doch die angestrebte Balance will nicht gelingen: Spannend wird es nicht, und richtig komisch auch nicht.

Wertung: 2 von 5 Punkten

Tatort: Propheteus, So, 6.3., 20.15 Uhr, ARD

Dieser Text ist in der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung erschienen – jeden Sonnabend am Kiosk oder hier im Abo.