Angst nach den Spähangriffen mit Pegasus: Israel gründet Spezialteam

Die Überwachungssoftware Pegasus soll auch die Handys von Staats- und Regierungschefs wie Emmanuel Macron ausgespäht haben. Das Entsetzen ist groß.

Emmanuel Macron gehört offenbar auch zu den Opfern, er hat seine Handynummer seit Jahren nicht gewechselt.
Emmanuel Macron gehört offenbar auch zu den Opfern, er hat seine Handynummer seit Jahren nicht gewechselt.afp/ap/John Thys

Berlin-Die mögliche Ausspähung der Mobiltelefone zahlreicher Staatschefs und Journalisten mit der Überwachungssoftware Pegasus hat die internationale Gemeinschaft alarmiert. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und mehrere Regierungsmitglieder waren der Tageszeitung Le Monde zufolge 2019 mögliche Ziele des an staatliche Stellen verkauften Spähprogramms des israelischen Unternehmens NSO. Eine von Macrons Mobilfunknummern stehe auf einer Liste eines marokkanischen Sicherheitsdienstes für eine mögliche Ausspähung, hieß es. Auch eine Nummer von EU-Ratspräsident Charles Michel ist womöglich ausgespäht worden.

Die an den internationalen Recherchen mehrerer Medien beteiligte Süddeutsche Zeitung schrieb am Mittwoch, im Leak des Pegasus-Projekts seien die Nummern von 14 Staats- und Regierungschefs aufgelistet. Das Rechercheteam, zu dem auch NDR, WDR und die Wochenzeitung Die Zeit gehören, habe die Telefonkontakte von Regierungsmitgliedern aus 20 Staaten und von Hunderten Regierungsbeamten aus mehr als 30 Ländern identifiziert.

Unklar war aber, ob die in den Recherchen genannten Betroffenen tatsächlich ausgespäht worden sind. Ob dies geschehen ist, lasse sich „im Einzelfall nicht verifizieren“, heißt es in einem Bericht von NDR und WDR. Wie die belgische Zeitung Le Soir berichtete, wurde die Nummer Charles Michels 2019 zum potenziellen Ziel. Der damalige belgische Premierminister wurde in dem Jahr zum Präsidenten des Europäischen Rats gewählt. Auf Nachfrage der dpa bei Michels Sprecher hieß es, man sei sich einer Bedrohung bewusst gewesen, und es seien Maßnahmen ergriffen worden, um Risiken zu begrenzen.

Auch aus Kreisen von Macrons Amtssitz hieß es bereits am Dienstag in Paris, die Medienberichte bedeuteten nicht, dass Macrons Handy tatsächlich ausgespäht wurde. Falls sich allerdings die berichteten Sachverhalte bewahrheiten sollten, seien „sie natürlich sehr schwerwiegend“. Nach den Enthüllungen sei eine Aufklärung nötig. Macron nutze die betroffene Nummer seit 2017, schrieb Le Monde. Er sei auch in den vergangenen Tagen darüber erreichbar gewesen. Um zu klären, ob mit der Software Pegasus tatsächlich das Telefon des Staatschefs ausgespäht wurde, müsse das Gerät untersucht werden.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte mitgeteilt, die Überwachungssoftware Pegasus werde weltweit eingesetzt. Damit sollten auch Medienschaffende, Menschenrechtler und Aktivisten ausspioniert werden. Amnesty hatte gemeinsam mit der französischen Medienorganisation Forbidden Stories das Rechercheprojekt von mehr als 80 Medienschaffenden in 10 Ländern öffentlich gemacht. Demnach fanden IT-Experten von Amnesty die Spähsoftware auch auf Telefonen von Journalisten.

Die israelische Regierung will ein Spezialteam aus Vertretern verschiedener Ministerien, des Auslandsgeheimdienstes Mossad und der Armee bilden, meldete die Internet-Nachrichtenseite Axios. Demnach gibt es Sorge in Regierungskreisen, dass sich aus den Berichten eine diplomatische Krise für Israel entwickeln könnte.