Charité Berlin: Tiefer Blick in das Gehirn

Lassen sich Gedanken und Gefühle messen? Um diese Frage und vieles mehr geht es in der Vortragsreihe „Berlin Brains“, mit der die Berliner Charité am Veranstaltungsort Urania eines ihrer stärksten Forschungsfelder vorstellen will: die Neurowissenschaften. Den Anfang machen am 30. Januar der Neurologe Jan Sobesky vom Centrum für Schlaganfallforschung und der Psychiater Henrik Walter vom Forschungsbereich Mind and Brain.

In ihrem Vortrag beschäftigen sie sich mit dem sogenannten Neuroimaging, dem Blick ins Gehirn – und wie dieser zum Fortschritt in Neurologie und Psychiatrie beigetragen hat. Mittels modernster bildgebender Verfahren lässt sich heute recht genau abbilden, welche Hirnareale bei verschiedenen Vorgängen aktiv sind. Forscher können dem Gehirn sozusagen leicht verzögert bei der Arbeit zusehen. Die Grundlage dafür bilden hochmoderne Techniken, etwa die funktionelle Magnetresonanztomografie (MRT) oder die Positronen-Emissions-Tomographie (PET). Sie beruhen darauf, dass sich in aktiven Hirnarealen der Blutsauerstoffgehalt oder der Zuckerstoffwechsel ändert. An sich wandelnden Farben kann man das sichtbar machen.

So lässt sich zum Beispiel erkennen, ob durch Krankheiten eine Hirnhälfte oder bestimmte Areale besonders beansprucht oder vernachlässigt werden, etwa beim Schlaganfall. Man sieht dabei auch, wie unterschiedlich Gehirne auf solch ein Ereignis reagieren. Daraus können die Forscher verschiedene Therapieformen ableiten. Modernste Verfahren wie die sogenannte Traktografie zeigen sogar den Verlauf von Nervenfaserbündeln an. Die Forscher können sehen, wo Verbindungen unterbrochen sind und wo an anderen Stellen neue entstehen. Denn das Gehirn ist sehr flexibel.

In erster Linie soll es bei den „Berlin Brains“ aber nicht um Krankheiten gehen, sagt Ulrich Dirnagl, der die die Reihe konzeptionell betreut. Dem Professor für Klinische Neurowissenschaften und Direktor des Centrums für Schlaganfallforschung Berlin schwebt eher so etwas wie eine Leistungsschau der Neurowissenschaften in Berlin vor. Weitere Vorträge der Reihe behandeln, ob sich Gedanken in Echtzeit analysieren und millimetergenau verorten lassen (28. April), wie das Gehirn Bewegungen kontrolliert (6. Mai), wie man bis ins hohe Alter geistig fit bleiben kann (13. Mai), wie das Gedächtnis „uns immer wieder neu erfindet“ (27. Mai) und wie Hirnkrankheiten mit dem Immunsystem zusammenhängen (16. Juni).

Fast täglich entdecken Forscher Neues. Um sich in der Umwelt zurechtzufinden, baut das Gehirn zum Beispiel Gittermuster, eine Art Stadtplan im Kopf, bei dem sich das Hirn an Linien orientiert. Wie das passiert, hat jetzt das Team um den Neurobiologen Michael Brecht am Bernstein-Zentrum Berlin herausgefunden. Es entdeckte ein gitterartiges Netzwerk von Nervenzellen in einem Teil der Hirnrinde. Dessen Nervenzellfortsätze bilden im Raum ein sechseckiges Muster. Brecht vermutet, dass das Nervenzellgitter das anatomische Fundament der virtuellen Karte im Kopf ist.

Die Berliner Vortragsreihe will neben Fortschritten in der Grundlagenforschung und Medizin auch gesellschaftliche und ethische Fragen behandeln. Denn Neurowissenschaftler sind heute bereit in der Lage, Gedanken, Vorstellungen, Erinerrungen und Gefühle aus der Hirnaktivität auszulesen. Bis zu einem gewissen Grad können sie sogar Entscheidungen vorhersagen. Neuropsychologen nutzen das bereits, um in die Psyche von Menschen zu blicken oder zu erkennen, wie die Werbung das Kaufverhalten beeinflusst.

„Berlin Brains“: Der erste Vortrag findet am 30. Januar, 19.30 Uhr, in der Urania, An der Urania 17 (Berlin-Schöneberg) statt. Telefonische Kartenbestellungen: 030/218-9091.

Internet-Informationen über Details und weitere Vorträge der Reihe: www.charite.de/charite/presse/pressemitteilungen und www.urania.de