Entwarnung im All: Der Riesenstern Beteigeuze explodiert vorerst nicht

Ende 2019 beobachteten Astronomen, wie sich der rote Riesenstern Beteigeuze erheblich verdunkelte. Stand eine Supernova bevor? Nun gibt es die Erklärung dafür.

Auf diesem lange belichteten Bild sieht man Tausende Sterne der Milchstraße hinter dem hell leuchtenden Stern Beteigeuze.
Auf diesem lange belichteten Bild sieht man Tausende Sterne der Milchstraße hinter dem hell leuchtenden Stern Beteigeuze.NASA/Adam Block/Steward Observatory/University of Arizona

Meudon-Das ungewöhnliche astronomische Phänomen war selbst mit bloßen Augen zu erkennen: Im Winter 2019/2020 nahm die Helligkeit von Beteigeuze im Sternbild Orion für mehrere Wochen um bis zu zwei Dritteln ab. Viele Astronomen sahen darin ein Indiz für eine baldige Explosion des Sterns als Supernova.

Doch jetzt gibt es eine recht einfache Erklärung für die „große Verdunkelung“ von Beteigeuze: Ausgelöst durch einen großen kühlen Fleck hatte sich ein Staubschleier vor dem Stern gebildet, wie ein internationales Forscherteam nach der Auswertung von Daten des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte im Fachblatt Nature berichtet.

„Unsere Beobachtungen zeigen, dass die große Verdunkelung kein Hinweis auf eine bevorstehende Explosion von Beteigeuze als Supernova ist“, schreiben der Astronom Miguel Montargés von der Sternwarte Paris und seine Kollegen. Beteigeuze ist der linke obere Stern des Sternbilds Orion, auch Schulterstern genannt. Der Name kommt aus dem Arabischen und bedeutet „Hand der Zwillinge“.

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Beteigeuze ist ein roter Riesenstern – ein massereicher Stern, der sich am Ende seines Lebens erheblich aufgebläht hat. Er ist etwa 900-mal größer als unsere Sonne. Sein Durchmesser beträgt etwa eine Milliarde Kilometer. Er wird irgendwann sein Leben als Supernova beenden. Typisch dafür ist ein kurzzeitiges, helles Aufleuchten, bei dem der massereiche Stern explodiert. Seine Leuchtkraft nimmt dabei millionen- bis milliardenfach zu. Der Kern kollabiert. Übrig bleiben ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch.

Supernova noch nicht ganz ausgeschlossen

Für die Astronomen wäre es eine Sensation, eine Supernova in unserer Milchstraße zu beobachten – die letzte Gelegenheit dazu gab es im Jahr 1604, noch vor der Erfindung des Fernrohrs. Deshalb waren die Forscher von der überraschenden Helligkeitsabnahme Beteigeuzes elektrisiert, denn theoretische Modelle sagen ein solches Phänomen unmittelbar vor einer Explosion voraus. Mit einer Entfernung von nur 724 Lichtjahren ist Beteigeuze einer von wenigen Sternen, bei denen Astronomen mit großen Fernrohren sogar Einzelheiten auf der Oberfläche erkennen können.

Die Beobachtungen von Montargés und Kollegen zeigen, wie sich Ende 2019 auf der südlichen Hälfte von Beteigeuze ein kühler – und damit dunkler – Fleck ausbreitete. Die Temperatur der Sternoberfläche, die normalerweise bei etwa 4000 Grad Celsius liegt, nahm um bis zu 500 Grad ab. „Zum ersten Mal sehen wir, wie sich das Erscheinungsbild eines Sterns über einen Zeitraum von Wochen veränderte“, sagt Montargés.

Das Forscherteam vermutet, dass der kühle, dunkle Fleck lediglich die Begleiterscheinung eines großen Materieauswurfs des Sterns war. Und durch die Abkühlung der Oberfläche konnte dann ein Teil der ausgestoßenen Materie zu Staub kondensieren. Es sei also die Kombination aus einem großen kühlen Fleck auf der Sternoberfläche und einem daraus resultierenden Staubschleier, die für die große Verdunkelung von Beteigeuze verantwortlich war, so Montargés und Kollegen. Im April 2020 leuchtete Beteigeuze wieder in gewohnter Helligkeit.

Ganz ausschließen können die Forscher eine bevorstehende Explosion des Sterns aber nicht. Dafür sei über diese letzte Phase der Sternentwicklung zu wenig bekannt, schreiben sie. „Obwohl das gegenwärtige Verhalten von Beteigeuze also kein Vorbote seines Untergangs ist, bleibt es möglich, dass der Stern ohne Vorwarnung explodiert.“