Fortpflanzung: Aalen geht es in Küstengewässern besser

Um den als gefährdet eingestuften Europäischen Aal (Anguilla anguilla) zu erhalten, werden vielerorts  junge Aale in Küstengewässern gefangen und in Binnengewässern wieder ausgesetzt. Derartige neue Lebensräume scheinen jedoch nicht ideal für diese Tierart zu sein. Forscher um Reinhold Hanel vom Thünen-Institut für Fischereiökologie in Hamburg fanden jetzt heraus, dass Jungaale in Küstengewässern deutlich besser gedeihen als in Flüssen oder Seen.

Wie sie im Fachmagazin Journal of Sea Research berichten, speichern Aale, die ihre Wachstumsphase ausschließlich im Süßwasser verbringen, deutlich geringere Energiereserven als Aale aus Küstengewässern. Gleichzeitig stellten sie bei Süßwasser-Aalen einen stark erhöhten Befall mit dem aus Asien eingeschleppten Parasiten Anguillicoloides crassus fest, einem Fadenwurm, der die Schwimmblasen von Aalen befällt und die Tiere erheblich schwächt.

Auf dem weiten Weg zur Saragossasee zehren Aale von ihren Fettreserven

Umfangreiche Energiereserven brauchen Aale, um den weiten Weg zurück in ihr Laichgebiet zurückzulegen. Das ist für alle Europäischen Aale dasselbe: die bis zu 7000 Kilometer entfernte Sargassosee im Westatlantik.  Für diese Strecke brauchen die Tiere ein Jahr. In dieser Zeit schwimmen sie unentwegt und fressen nicht mehr. Sie müssen also von ihren Fettreserven zehren.

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler die Zusammensetzung der Spurenelemente kleiner Kalkgebilde, sogenannter Otolithen, aus dem Innenohr der Aale. Damit lässt sich deren individuelle Lebensgeschichte hinsichtlich ihres Wanderverhaltens zwischen Gewässertypen unterschiedlicher Salzgehalte nachzeichnen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Wahl des Lebensraumes durchaus darüber entscheiden kann, ob ein Aal in der Lage ist, sich erfolgreich fortzupflanzen.

Aufgrund ihrer Ergebnisse zweifeln die Forscher den Nutzen der als bestandserhaltende Maßnahme deklarierten Praxis an, Jungaale aus Küstengewässern zu entnehmen, um sie dann in oft weit entfernte Binnengewässer zu überführen. Bisher sei nicht gezeigt worden, dass sich daraus ein positiver Netto-Effekt für den Gesamtbestand des Aals ergibt.