Luft- und Raumfahrttechnik: Nichts als heiße Luft
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Alexander Richter und Carsten Seltz haben ihn sich verwirklicht, den Traum vom Fliegen. Die beiden Studenten stehen zwar noch mit beiden Füßen auf dem Betonboden einer Versuchshalle in Charlottenburg. Doch über ihnen surrt ein eineinhalb Meter langes schlankes Silberding durch die Luft. Das von Seltz Luftschiff gehorcht auf die Fernsteuerung, die Alexander Richter in seiner Hand hält.
Wenn alles gut geht, fliegt es elegante Kurven und Slaloms. Ab und zu stößt es allerdings – wenig grazil – gegen einen Stahlträger an der Hallendecke, federt aber sogleich wieder zurück.
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Das mit Helium gefüllte Luftschiff ist eine verkleinerte Kopie eines viel größeren Fluggeräts, das die beiden Studenten der Luft- und Raumfahrttechnik an der Technischen Universität (TU) Berlin im Rahmen der Projektwerkstatt AirTrak-Airship entwickelt haben. Gemeinsam mit Studenten verschiedener Fachdisziplinen haben sie in den vergangenen drei Jahren an einem Luftschiff gearbeitet, dessen Grundidee weit zurück in die Kindertage der Luftfahrt reicht. Die 16 Meter lange Silberhülle ihres Prototypen soll nämlich nicht mit leichtem Heliumgas gefüllt werden, sondern nur mit heißer Luft abheben.
Das Besondere an dieser Idee: Die Studenten nutzen eine neuartige Isolationsschicht, die die mit zwei Propanbrennern erhitzte Luft davor bewahrt, zu schnell auszukühlen. Dazu benutzen sie ein System, das ähnlich funktioniert wie eine Thermojacke: „Die Außenwand des Luftschiffs besteht nicht aus einer, sondern aus zwei Hüllen aus Nylongewebe, deren Oberflächen mit einer hauchdünnen Metallschicht überzogen wurden“, erläutert Carsten Seltz.
Abstandhalter aus Kunststoff, die aussehen wie daumennagelgroße Seeigel, halten die beiden Hüllen auf Abstand, sodass sich eine isolierende Luftschicht dazwischen bildet. „Auf diese Weise wird die Wärme in der Hülle besser gespeichert und somit weniger Treibstoff für den Auftrieb benötigt“, sagt Seltz. „Ein solches Luftschiff gibt es bisher nirgendwo sonst.“
Die große Zeit der Luftschiffe ist lange vorbei, dessen sind sich auch Richter und Seltz bewusst. Als Fluggerät für Personentransporte hatten die Zeppeline mit starren Außenskeletten in den 20er- und 30er-Jahren ihre große Zeit, wurden jedoch durch Unglücke wie den Absturz der „Hindenburg“ im Mai 1937 überschattet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen Luftschiffe vor allem noch für militärische Zwecke zum Einsatz, seit den 70er-Jahren fast ausschließlich für Werbekampagnen und Touristenflüge. Anfang des neuen Jahrtausends hatte das Cargo-Lifter-Konsortium in Deutschland noch einmal Hoffnungen geschürt: Es plante den Bau eines 260 Meter langen Luftschiffs, das eine Nutzlast von bis zu 160 Tonnen transportieren sollte.
Doch die ambitionierten Pläne gingen im Insolvenz-Verfahren des bankrotten Unternehmens unter, das Luftschiff wurde nie fertiggestellt. Treibstoff für den Auftrieb benötigt“, sagt Seltz. „Ein solches Luftschiff gibt es bisher nirgendwo sonst.“