Renate Künast hofft auf Grundsatzurteil gegen Facebook

Auch auf Zitate kann man sich im Netz nicht verlassen. Die Grünen-Abgeordnete Künast wehrt sich gegen eine Aussage, die ihr seit Jahren zugeschrieben wird. 

Renate Künast 
Renate Künast imago/Christoph Hardt

Berlin-Die Grünen-Politikerin Renate Künast will mit einem Grundsatzurteil weiterreichende Löschpflichten für als rechtswidrig gemeldete Inhalte bei Facebook erzwingen. Unterstützt wird sie dabei von der Organisation Hateaid, die sich gegen Hass und Hetze im Netz engagiert und auch Prozesskostenhilfe leistet. Die meisten Betroffenen hätten nicht den Mut, die Kraft und vor allen Dingen nicht das Geld, sich gegen große Plattformen zur Wehr zu setzen, sagte die Geschäftsführerin von Hateaid, Anna-Lena von Hodenberg, am Dienstag in Berlin. „Und das wollen wir ändern.“

Gegenstand der Klage ist ein Satz, der Künast von Nutzern im Netz zugeschrieben wird, den sie nach eigenen Angaben aber nicht gesagt hat. In einer Variante werden ihr die Worte in den Mund gelegt: „Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal Türkisch lernen.“ Tatsächlich habe sie in einer ARD-Sendung vor Jahren den SPD-Politiker Thilo Sarrazin aufgefordert, sich den türkischen Namen einer anderen Teilnehmerin der Talkrunde zu merken, den dieser wiederholt falsch ausgesprochen habe, so die Grünen-Bundestagsabgeordnete.

Du kannst dich wehren, du kannst irgendwo was dazuschreiben. Dann wird vielleicht eines gelöscht, aber es taucht kurze Zeit später oder in einem ähnlichen Zusammenhang doch wieder auf.“

Renate Künast, Grünen-Politikerin
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Künast will erreichen, dass Facebook diese oder sinngleiche Beitrage sucht, prüft und löscht, falls das Zitat nicht ausdrücklich als falsch gekennzeichnet ist.

„Du kannst dich wehren, du kannst irgendwo was dazuschreiben. Dann wird vielleicht eines gelöscht, aber es taucht kurze Zeit später oder in einem ähnlichen Zusammenhang doch wieder auf“, beschrieb Künast den Versuch, das bereits seit Jahren kursierende Zitat richtigzustellen. Sie empfinde den Inhalt als üble Nachrede. „Das kann mir – macht es sicherlich auch – als Politikerin schaden, weil Menschen denken, dass ich sowas tatsächlich gesagt hätte.“ Die Verbreitung solcher Inhalte sei häufig eine orchestrierte Aktion von Rechtsextremisten, die damit Aufregung und hasserfüllte Reaktionen auslösen wollten.

Am späten Montagabend habe Facebook ihr auf einen Brief vom 12. April geantwortet, sagte Künast. Ein Facebook-Sprecher bestätigte das. „Wir haben das von Frau Künast gemeldete falsche Zitat von der deutschen Facebook-Plattform entfernt und Frau Künast darüber informiert, dass wir ebenfalls Schritte einleiten, um identische Inhalte zu identifizieren und zu entfernen“, sagte er. „Wir tolerieren keine unzulässigen Inhalte auf unseren Plattformen und haben deshalb massiv in Technologie, menschliche Expertise und Partnerschaften investiert.“ Künast sagte, das sei „ein netter, aber durchsichtiger Versuch, mich ruhigzustellen oder zufriedenzustellen“. Es gehe aber um das grundsätzliche Problem, dass es nicht Lebensaufgabe Betroffener sein dürfe, Falschzitate selbst zu finden.

Die Klage sei am vergangenen Freitag beim Landgericht Frankfurt am Main eingereicht worden, sagte Rechtsanwalt Matthias Pilz, der Künast vor Gericht vertreten soll. Tatbestand sei üble Nachrede. Ziel sei zu klären, dass es eine Löschpflicht für Plattformbetreiber gebe – und zwar nicht nur für gemeldete und damit beanstandete Beiträge, sondern auch für wort- oder sinngleiche Posts.