Schwarzes Loch klingt wie die Hölle: Sterne verschlingen hört sich nicht gut an

Die Geräusche der Welt wandeln sich ständig. Die Klänge der Kindheit verschwinden, neue kommen dazu. Manchmal ganz eigenartige. Eine Betrachtung über Geräusche.

Simulation eines supermassiven Schwarzen Lochs. Normalerweise macht so etwas keine für uns hörbaren Geräusche. Aber Forscher brachten jüngst eines zum Klingen.
Simulation eines supermassiven Schwarzen Lochs. Normalerweise macht so etwas keine für uns hörbaren Geräusche. Aber Forscher brachten jüngst eines zum Klingen.Nasa/Goddard Space Flight Center/Esa/Gaia/DPAC

Berlin-Das Weltall rieche nach brennender Wunderkerze, sagte der deutsche Astronaut Matthias Maurer vor einiger Zeit. Er meinte den Geruch seines Raumanzugs nach der Rückkehr vom ISS-Außeneinsatz. Wie aber klingt das Weltall? Leider nach nichts. Schall kann sich ja im Vakuum nicht ausbreiten.

Dennoch haben Nasa-Forscher jüngst versucht, ein gigantisches Schwarzes Loch in einer fernen Galaxie hörbar zu machen – über die Umwandlung von Radio- in Schallwellen. Herausgekommen ist heulendes Dröhnen, das direkt aus der Hölle zu stammen scheint. Das Werk eines irren Komponisten. „Genauso habe ich mir das vorgestellt“, sagte meine Tochter. Tja, wer hört sich schon gut an, wenn er unablässig ganze Sterne verschlingt, die ihm zu nahe kommen?

Geräusche interessieren mich, seit ich klein bin. Ich registriere fasziniert, wie sich die akustische Welt verändert hat. Früher hörte man zum Beispiel sehr deutlich, ob sich ein Fahrzeug näherte. Ein Trabi, ein Wartburg, ein Simson-Moped – ganz unverwechselbar. Die Straßenbahn rumpelte, quietschte in den Kurven. Dazwischen trappelten die Hufe von Pferden, die es ja auf der Straße auch noch gab.

Nähmaschinen hoch am Himmel

Wie es schnauft, kracht und zischt, wenn eine riesige alte Dampflok anfährt, weiß heute kaum noch ein Kind. Ebenso, wie es klingt, wenn ein Wählscheibentelefon betätigt wird. Oder wie ein großes altes Röhrenradio brummt, wenn es langsam warm wird. Oder wie eine Schreibmaschine klappert.

Als ich jung war, heulten mittwochs um eins die Sirenen. Das donnernde Dampfablass-Geräusch des Kraftwerks neben unserer Berufsschule machte so manche Mathestunde zunichte. Danke noch mal! Und ein eigenartiges Gefühl hinterließen die „Nähmaschinen“. So nannte man Propellerflugzeuge von anno Hoppelwiese, die am hohen blauen Sommerhimmel kreisten. Zusammen mit dem Duft warmer Kiefernnadeln bildeten sie für mich die Essenz des Sommers. Seltsam.

Manchmal denke ich drüber nach, welche Geräusche mein Opa, Jahrgang 1904, heute nicht mehr erkennen würde. Handy-Klingeltöne? Er würde gucken, ob jemand ein Radio dabei hat. Leute, die auf der Straße vor sich hinbrabbeln? „Die jehör’n alle in de Klapse!“, würde er sagen. „Wat, die telefoniern? Wo ham die den Hörer versteckt? Und wo is die Telefonstrippe? Du spinnst!“ Unser neuer Kühlschrank brummt übrigens nicht mehr. Er gibt leise ächzend-stöhnende Geräusche von sich, wie ein verwundetes trauriges Tier. Auch hier würde mein Opa komisch gucken.

Coole Geräusche für Elektroautos

Manches macht auch gar kein Geräusch, so wie das raketenartige Gefährt, das neulich auf einer Straße in Thüringen an mir vorbeisauste. Offenbar ein Elektroauto. Es hätte mich fast umgenietet. Ich las, dass Ingenieure viel Zeit dafür aufwenden, Geräusche für E-Autos zu erfinden. Warum hat man mich nicht gefragt? Ich hätte viele Ideen, das Neue mit dem Vertrauten zu verbinden. Manche Autos haben doch ganz schön viele PS. Wie schön klänge da eine Herde von 500 Pferden, die über den Kudamm galoppieren! Dazu das Wiehern! Fetten Raser-Autos würde ich ein Trabi-Geräusch verpassen. Und für Elon Musks Tesla-Autos hätte ich das Schnaufen einer schönen alten Brandenburger Dampflok parat.

Ich las auch, dass ein Berliner Student einen schönen Sound für sich nähernde Elektrobusse kreiert habe. Für mich klingt er – wenn ich ehrlich sein soll – ein bisschen wie das Schwarze Loch. Aber so ein Bus verschlingt ja auch reihenweise Leute, die an der Haltestelle stehen. Das passt schon.