Süßungsmittel Stevia: Wunderzucker - keine Kalorien, kein Karies

Badesalz, um den Kaffee zu süßen? Was abwegig klingt, war für manche Gesundheitsbewusste tägliche Praxis: Sie griffen zu Verpackungen mit der Aufschrift „Badezusatz“ oder „Mundspülung“ und mischten den Inhalt in Getränke und Speisen. Nur unter irreführenden Deklarationen durfte das Süßungsmittel Stevia bisher in Deutschland in den Handel gebracht werden.

Jetzt hat das Verwirrspiel ein Ende: Vor einigen Tagen ließ die Europäische Kommission natürliche Süßstoffe aus den Blättern der subtropischen Pflanze Stevia rebaudiana, hierzulande auch Honigkraut genannt, als Zusatzstoff in Nahrungsmitteln und Getränken zu. Die Verordnung tritt am 2. Dezember europaweit in Kraft.

Als Superzucker gefeiert

Und schon wird das neue Produkt als Superzucker mit fabelhaften Eigenschaften gefeiert. Es ist 200- bis 300-mal süßer als normaler Rübenzucker, enthält keine Kalorien, schadet den Zähnen nicht und ist für Diabetiker geeignet. Auch bei langfristigem Gebrauch sind offenbar keine negativen Folgen für die Gesundheit zu befürchten. Darauf deuten die Ergebnisse von Tierversuchen hin sowie die guten Erfahrungen in Ländern wie Japan, wo der Süßstoff seit den Siebzigerjahren sehr beliebt ist. Dass Stevia Krebs auslösen, unfruchtbar machen oder Embryonen schädigen könne, sei nicht zu befürchten, heißt es jetzt aus Brüssel. Vorsorglich empfiehlt die Behörde jedoch, den täglichen Konsum auf 250 Milligramm zu begrenzen.

In den nächsten Wochen und Monaten wird eine ganze Welle von Stevia-Produkten auf den Markt schwappen. Zum Beispiel sogenannte Tafelsüßstoffe, etwa für Kaffee oder Tee, aber auch Erfrischungsgetränke und Säfte, die zum Teil mit Stevia, zum Teil mit normalem Rübenzucker gesüßt sind. Es dürfte Brot mit Stevia-Zusatz geben, Soßen, eingelegte Früchte, Joghurts, Eiscremes und jede Menge Süßigkeiten.

Cola mit Stevia

Werben werden die Firmen mit den gesundheitlichen Vorteilen, freuen werden sie sich über eine Süßstoffalternative in Zeiten steigender Zuckerpreise. Der Getränkehersteller Coca-Cola etwa hat zahlreiche Patente für Erfrischungsgetränke auf Stevia-Basis angemeldet. Die Firma verwendet einen Süßstoff des Lebensmittelkonzerns Cargill, der in den USA seit drei Jahren unter dem Namen Truvia im Handel ist. (Cargill-Werbe-Video zum Produktionsprozess)

Der Konzern vertreibt bereits seit einiger Zeit ein entsprechend gesüßtes Teegetränk in der Schweiz und eine Stevia-Fanta in Frankreich. Man werde jetzt in die Konsumforschung einsteigen, hieß es kürzlich bei einer Pressekonferenz in Berlin. Denn der Geschmack sei in jedem Land anders und bevor man neue Erfrischungsgetränke anbiete, werde die am besten verkäufliche Zusammensetzung genau ermittelt. Im kommenden Jahr beabsichtigt das Unternehmen, das in Deutschland mit 70 Produkten vertreten ist, auch hierzulande Stevia zu verwenden.

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