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Peter Lilienthal pflegte stets seine eigene Idee von dem, was Kino zu leisten im Stande sein könnte. Ihm schwebten Filme vor, die eine Utopie der Solidarität entwarfen: ganz gleich ob mit einem gedemütigten Individuum oder einem Volk, das um Freiheit und Demokratie rang. Dafür wählte Lilienthal oft Lateinamerika als Schauplatz, wie in "La Victoria" (1973) oder "Es herrscht Ruhe im Lande" (1977), die er gemeinsam mit dem Dichter Antonio Skarmeta entwickelte und mit denen er Parabeln auf die Ereignisse in Chile schuf. In "David" (1979), für den er mit dem Goldenen Bären der Berlinale ausgezeichnet wurde, erzählte er die Legende eines Jungen, dessen Familie dem Holocaust zum Opfer fällt und dem es mit fremder Hilfe gelingt, sich in Nazi-Deutschland zu verbergen. Mit "Das Schweigen des Dichters" (1986) und "Angesichts der Wälder" (1996) reflektierte er über Israel und den Nahen Osten. Sein bisher letzter Dokumentarfilm "Camilo - Der lange Weg zum Ungehorsam" (2007) porträtiert einen jungen Latino, der sich weigert, in den Irak-Krieg zu ziehen.Viele dieser Stoffe haben mit Lilienthals Biografie zu tun: Vertreibung und Ausgrenzung, all das hat er selbst erfahren müssen. Als Sohn einer jüdischen Berliner Familie flüchtete er 1939 aus seiner Geburtsstadt nach Uruguay. Dort studierte er Kunstgeschichte, Musik und Jura und drehte 1955 seinen ersten Kurzfilm: über Dienstmädchen. Zurückgekehrt nach Deutschland, arbeitete er zunächst vorwiegend fürs Fernsehen, inszenierte absurde Dramen, etwa von Arrabal und Mrozek. Seine besten Arbeiten gerieten zu intellektuellen Volks- und Lehrstücken über Anpassung und Widerstand in Zeiten der Gewalt. Heute feiert Peter Lilienthal seinen 80. Geburtstag. (ras.)