Zum Fall Edathy: Die Grenzen der Strafbarkeit bei Kinderpornografie
Was fällt gesetzlich unter Kinderpornografie?
Das Strafgesetzbuch definiert in Paragraf 184b kinderpornografische Schriften als Abbildungen sexueller Handlungen von, mit, an und vor Kindern. Als Kinder gelten Minderjährige unter 14 Jahren. Strafbar ist es auch, wenn ältere Jugendliche für solche Aufnahmen als deutlich jünger verkleidet sind.
Und was unterscheidet „Posing“ von Kinderpornografie?
Anders als bei Kinderpornografie werden als „Posing“-Bilder Nacktaufnahmen verstanden, die keinen vorrangig sexuellen Charakter haben. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes sind es Aufnahmen, in denen nicht die Genitalien im Blickpunkt stehen und sich die Betroffenen nicht aufreizend verhalten, sondern sich eher in einer natürlichen Umgebung befinden. Letztlich geht der Gesetzgeber davon aus, dass Kinder für solche Aufnahmen nicht zum Sexualobjekt degradiert worden sind.
Wieso gibt es überhaupt diese Unterscheidung? Könnte man nicht alle Nacktaufnahmen von Kindern verbieten?
Gute Frage. Die Unterscheidung ist wichtig, weil sonst schon jedes Wickelbild von Babys in Deutschland strafbar wäre. Und an Nacktbade-Stränden dürfen sich bekanntlich auch Kinder aufhalten. Weshalb es erlaubt sein soll, nackt am Strand zu liegen oder zu baden, aber nicht nackt fotografiert zu werden, ist deshalb nicht einleuchtend. Wie gesagt, es geht um einen möglichen sexuellen Charakter von Aufnahmen, der eine Straftat darstellen würde.
Gilt das Betrachten von Kinderpornografie via Streaming schon als Besitz, obwohl man sich das Material dabei nicht auf seinen Rechner lädt?
Ja. Anders als in Urheberrechtsfragen wie unlängst bei der umstrittenen Abmahnwelle für Nutzer eines Porno-Internetdienstes ist der Bundesgerichtshof der Auffassung, dass bereits das kurzfristige Zwischenspeichern auf dem Rechner, zu dem es auch beim Streaming kommt, als Besitz definiert werden kann – und damit strafbar ist.
Was macht man eigentlich, wenn man unbeabsichtigt auf Kinderpornografie im Internet stößt?
Ganz so einfach ist es gar nicht, „unbeabsichtigt“ auf solche Seiten zu stoßen. Beispielsweise sperren die großen Suchmaschinendienste im Netz mehr als 10.000 einschlägige Suchbegriffe, um den zufälligen Zugang zu solchen Seiten zu erschweren. Es kostet schon einige Mühe – und wohl auch kriminelle Energie – um in die einschlägigen Foren im Netz zu gelangen.
Wann ist die Schwelle zu einer Straftat überschritten?
Grundsätzlich macht sich schon strafbar, wer ein einziges Bild mit kinderpornografischem Inhalt auf seinen Rechner anklickt. Das Landeskriminalamt Berlin rät in Fällen, in dem einem ungewollt Kinderpornos zugeschickt worden sind, was tatsächlich vorkommen soll, die betreffende Original-Mail an die zuständige Polizeidienststelle oder die LKA-Zentralstelle weiterzuleiten mit einer genauen Erläuterung des Sachverhalts. Darüber hinaus soll man die Mail und zusätzlich alle Zwischenspeicher löschen, um jede digitale Spur auf seinem Rechner zu tilgen.
Wie lange ist die Verjährungsfrist bei solchen Fällen?
Da sich die Verjährung grundsätzlich im Strafrecht an der Höhe der zu erwartenden Strafe orientiert, lässt sich das so pauschal gar nicht beantworten. Das Strafmaß bei Kinderpornografie reicht je nach Schwere des Vergehens von hohen Geldstrafen über Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren. Wer gewerbsmäßig Kinderpornografie herstellt, vertreibt oder anpreist, dem drohen im Höchstfall sogar zehn Jahre Gefängnis. Wer Kinderpornografie „nur“ in seinem Besitz bringt, kann in der Regel davon ausgehen, dass die Angelegenheit nach fünf Jahren verjährt ist. Allerdings ist dafür nicht das Datum des Erwerbs oder Herunterladens entscheidend. Die Verjährungsfrist beginnt erst in dem Moment, in dem der Betroffene die inkriminierenden Schriften nicht mehr besitzt und von seinem Rechner restlos gelöscht hat.